Essen aus Büchern: Kümmelkuchen aus Charlotte Brontës „Jane Eyre“

Der englische Name dieses Kuchens, „seed-cake“, weckte in mir die Hoffnung, es könnte sich um einen Kuchen mit verschiedenen Saaten darin handeln, sagen wir Mohn oder Sesam. Aber nein, die Samen sind ausschließlich die des Kümmels. Und ich hasse Kümmel. Ich finde, es passt ganz gut zum Bild von Jane, dass sie vom Leben so wenig erwartet und erhofft, dass sie sich selbst über Kümmelkuchen freut.

„Having invited Helen and me to approach the table, and placed before each of us a cup of tea with one delicious but thin morsel of toast, she got up, unlocked a drawer, and taking from it a parcel wrapped in paper, disclosed presently to our eyes a good-sized seed-cake.“

Die Szene ist übrigens relativ früh im Buch, als Jane noch in Lowood lebt. Die freigiebige Dame in dieser Szene ist die Schulleiterin Miss Temple, zu der Jane vertrauen gefasst hat. Spät am Abend sucht Jane sie mit ihrer Freundin Helen auf und bekommt noch eine Kleinigkeit serviert, die im Vergleich zu dem, was man sonst auf Lowood bekommt, beinahe eine Festmahl ist. Und damit wir alle was anzubieten haben, wenn mal zwei verarmte Waisenmädchen vor der Tür steht, kommt hier das Rezept für Kümmelkuchen:

seed_cake_collage

Kümmelkuchen / seed-cake:

  • 175 g weiche Butter
  • 175 g Zucker
  • 3 Eier
  • 225 g Mehl
  • 1 TL Backpulver
  • 1 Prise Salz
  • 1 EL gemahlene Mandeln
  • 1 EL Milch
  • 1 -3 TL Kümmel (ganz)
  • etwa Fett für die Form

Die Kümmelmenge schwankt zwischen den Rezepten, die ich gefunden habe, ganz erheblich und ist sicher auch eine Geschmacksfrage. Ich habe 1,5 TL verwendet und fand am Ende, dass es mehr hätte sein dürfen.

Den Ofen auf 160°C Umluft/180°C Ober- und Unterhitze vorheizen.

Die Butter in kleine Stücke schneiden und in einer Rührschüssel mit dem Zucker schaumig aufschlagen. Die Eier eins nach dem anderen einarbeiten. Das Mehl mit dem Backpulver vermischen und unterrühren. Anschließend Salz, Mandeln, Milch und Kümmel unterrühren.

Eine Kastenform gründlich fetten, den Teig einfüllen und glattstreichen. Etwa 45  – 50 Minuten backen. Wenn kein Teig mehr an einem Holzstäbchen haften bleibt, ist der Kuchen fertig. In der Form komplett auskühlen lassen. In einem luftdichten Behälter aufbewahrt, hält der Kuchen sich einige Tage.

Ich war mir sehr sicher, dass der Kuchen total eklig und eigentlich ungenießbar wird, allein weil Kümmel drin ist. Aber was mache ich nicht alles für Essen aus Büchern. Und ich muss zugeben: ich habe dem Kümmel unrecht getan. Der Kuchen ist total lecker, die Kümmelsamen geben ihm eine sehr schöne, anisartige Note, die ein gutes Gegengewicht zu der Süße des großzügig eingesetzten Zucker ist. Diesen Kuchen gab es sicher nicht das letzte mal und beim nächsten mal traue ich mich vielleicht sogar, ein bisschen mehr Kümmel zu benutzen.


Das Zitat stammt von S. 65 der Ausgabe Bantam Classic Edition 1981.

Mehr Essen aus Büchern gibt es auf schiefgegessen.

4 Gedanken zu “Essen aus Büchern: Kümmelkuchen aus Charlotte Brontës „Jane Eyre“”

    1. Ich hab’s lange vor mir hergeschoben. Jane Eyre hab ich zuletzt vor mehr als zwei Jahren gelesen. Aber dann war es wirklich und echt lecker. Es schmeckt ein bisschen wie Anis und weil der Kuchen ja sonst nicht viel hat, bringt das eine gute Note in einen Kuchen, der sonst nur öde wäre.
      Klar, man kann auch Kakao rein machen 🙂

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      1. Ich habe mit größtem vergnügen die ersten beiden Bände der Trilogie von Kevin Kwan gelesen, da läuft der Leserin das Wasser im Mund zusammen. Eine Fundgrube für neue Rezepte, nur als Nudge für dich 😉
        LG

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