Direkt nach dem Rezept für Seed Cake aus Jane Eyre kommt hier eines aus dem postkolonialen Antwortschreiben Die weite Sargassosee. Ein nicht benannter Mann, der sich recht einfach als Rochester erkennen lässt, trifft und heiratet darin eine Frau, die sich recht einfach als Bertha erkennen lässt. Schon in den Flitterwochen beginnt die Ehe zu kriseln. Der frisch gebackene Ehemann kann mit dem Leben seiner Frau auf den karibischen Inseln nichts anfangen, die Menschen dort stoßen ihn ab, er verträgt weder Wetter noch Essen. Bertha endet als „mad woman in the attic“. Am ersten Morgen aber ist noch alles in Ordnung, als die ihm schon kurz darauf verhasste Bedienstete Christophine das Frühstück serviert:
„Sie wünschte uns lächelnd einen guten Morgen und stellte das Tablett mit Kaffee, Kassavakuchen und Guavengelee auf den runden Tisch.“
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass es auch bei diesem Rezept ungezählte Varianten gibt, die auch im gesamten karibischen Raum variieren. Bei diesem Rezept musste ich zudem leider Abstriche bei der Authentizität machen. Es war mir nicht möglich, ein Rezept zu finden, das ohne Vanille- und Mandelaroma bzw. -extrakt arbeitet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das im Roman gegessene Gericht das nicht beinhaltet. Da das hier aber meine erste Maniok-Erfahrung überhaupt ist, wollte ich auch keine großen Experimente starten. So also geht’s:
Kassavakuchen:
- 1 kg Maniok
- 80 g Kokosraspeln
- 100 g Kürbisfleisch, gegart und püriert
- 200 g Rohrzucker
- 1/2 TL gemahlener Zimt
- 1/4 TL gemahlene Muskatnuss
- 1 Msp gemahlene Gewürznelken
- 1 Msp gemahlener Kardamom
- 60 g weiche Butter
- 200 ml Kokosmilch oder Kondensmilch
- Vanillearoma entspr. 500 g Mehl
- Mandelaroma entspr. 500 g Mehl
In einer Schüssel Kokos- oder Kondensmilch mit den Kokosflocken vermischen. Den Backofen auf 160°C Ober-/Unterhitze vorheizen.
Den Maniok schälen und die Knollen halbieren. In der Mitte befinden sich dunkler gefärbte, holzige Fasern. Diese müssen vor dem Weiterverarbeiten entfernt werden. Anschließend das Fruchtfleisch fein raspeln.
Alle Zutaten in einer Schüssel vermischen und gründlich verrühren. Die Maniok-Masse in eine gefettete Back- oder Auflaufform von ca. 20 x 30 cm geben.
Eine Stunde bei 160°C backen.Anschließend die Temperatur auf 180°C erhöhen und den Kassavakuchen für weitere ca. 45 Minuten backen. Wenn die Oberfläche zu dunkel wird, kann der Backvorgang auch früher beendet werden. Die Konsistenz des Kuchens sollte, wenn man an der Kuchenform rüttelt, sehr fest sein, die Ränder schon ein wenig knusprig.
Den Kuchen aus dem Ofen nehmen und vor dem Anschneiden mindestens eine Stunde lang auskühlen lassen.
Das Rezept ist von Haus aus sehr, sehr süß. Wer das nicht mag, kann die angegebene Zuckermenge problemlos reduzieren. Man kann auch gesüßte Kokos- oder Kondensmilch verwenden, auch dann sollte man den Zuckern entsprechend reduzieren. Nach der empfohlenen Stunde Ruhezeit fand ich den ganzen Kassavakuchen ziemlich grauenhaft. Die Konsistenz war faserig und gummiartig zugleich, noch dazu war das ganze wahnsinnig klebrig und schwer. Wenn er länger steht, wird seine Konsistenz insgesamt angenehmer, aber eine große Freundin werde ich wohl nicht mehr. Das Internet allerdings ist voll mit Fans – Kassavakuchen hat also offenbar auch große Stärken. Sicher liebt man ihn mehr, wenn man damit aufwächst. Ich hingegen wäre eher wenig begeistert, wenn das mein erstes Frühstück der Flitterwochen wäre. Dann lieber – und ich wundere mich selbst, dass ich das sage – Kümmelkuchen. Vielleicht bin ich einfach zu deutsch. Dennoch kein Grund, die Ehefrau auf dem Dachboden einzusperren, Mr. Rochester!
Das Zitat stammt aus: Jean Rhys: Die weite Sargassosee. Schöffling 2015. S. 92.
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