Essen aus Büchern: Etwas, das aussieht wie ein Klumpen Blumenerde aus Donna Tartts „Der Distelfink“

Donna Tartts Bücher sind eine gute Quelle für Essen aus Büchern, einfach schon weil sie selten über eine Mahlzeit hinweggeht, ohne im Detail zu beschreiben, was es gab. Der Distelfink ist da natürlich keine Ausnahme. Bei einem seiner ersten Treffen mit Hobie, dem Theo auf schicksalshaften Wegen begegnet, bekommt er ein Gericht vorgesetzt, das ihm zunächst wenig attraktiv erscheint:

„Ich saß an seinem [Hobies] Küchentisch und aß den zweiten Teller von etwas, das auf den ersten Blick ausgesehen hatte wie ein schwarzer Klumpen Blumenerde, tatsächlich aber ein köstlicher Brei aus Ingwer und Feigen war, mit Schlagsahne und winzigen, bitteren Orangenschalenspänen“.

Ich kann machen was ich will, meine Feigen sehen nicht aus wie Blumenerde, nicht im Ansatz. Bestenfalls werden sie bräunlich, aber nichts in der Welt kann sie bewegen, so trocken und krümelig wie Blumenerde zu werden. Ich weiß aber auch nicht, ob ich das sehr erstrebenswert finde. Für dieses Essen gibt es natürlich kein richtiges Rezept. Das hier ist, was ich mir konstruiert habe:

collageFeigen

Zutaten:

  • 5 Feigen
  • 1 TL fein geriebener Ingwer
  • 1 Orange, unbehandelt
  • 1/2 TL Rohrzucker (so ungefähr, hängt auch von der Süße der Feigen ab)
  • 1/4 TL Zimt, gemahlen
  • 1/4 TL Kardamom, gemahlen
  • 250 g Schlagsahne

Die Feigen halbieren, das Fruchtfleisch auslösen, zerkleinern und in eine Schüssel geben. Mit dem Ingwer vermischen. Reiben kann man den Ingwer sehr gut mit einem Zester, den braucht man gleich sowieso noch. Gewürze und Zucker zugeben, alles mit einer Gabel zerkleinern. In einem Topf erhitzen und einen Großteil der Flüßigkeit verdampfen lassen. Die Masse sollte merklich kompakter werden, der Zucker sorgt beim Abkühlen aber auch noch für Festigkeit.

Die Sahne steif schlagen und die Scheibe von der Orange abreiben. Alles auf einen Teller, fertig.

Das Ergebnis ist optisch erwartbar unspektakulär. Der Geschmack allerdings ist sehr überzeugend. Ingwer und Feige ist eine gute Kombi, auf gar keinen Fall sollte man aber auf die Orangen verzichten, die machen das ganze perfekt.

Fun Facts zu dieser Folge Essen aus Büchern: Ich musste mir Feigen im Internet bestellen, weil es in der ganzen Stadt keine gab. Dafür hätte ich tonnenweise Passionsfrüchte haben können. Spannend, dass das inzwischen eine Option ist. Außerdem ist mein Umgang mit dem Zester inzwischen so souverän, dass ich nur zwei Pflaster gebraucht habe.


Das Zitat stammt von S. 219 der deutschen Erstausgabe bei Goldmann.

8 Gedanken zu “Essen aus Büchern: Etwas, das aussieht wie ein Klumpen Blumenerde aus Donna Tartts „Der Distelfink“”

  1. Wow, super! Das klingt absolut delikat. Ich habe mal im Studium eine Hausarbeit über Essen in der Literatur geschrieben. Ich kann mich nur noch vage erinnern, vor allem an den Satz „Fremde werden gegrillt, Menschen aus der Familie gekocht“ – äh, ja, ein Anthropologe. Das gilt aber wohl insofern, als Grillgerichte als „nobler“ gelten und für Gäste auf den Teller kommen, während die Familie sich am Gulasch und Eintopf erfreut. Ob das heute noch stimmt? Ich hab‘ eben zwei Mädels belauscht, am Nachbartisch im Café, die kochen mittlerweile nur noch mit der Mikrowelle (doch, ja, sie sagen kochen dazu)… 😉

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    1. Ich hatte mal einen Mitbewohner, der im Sommer jeden Tag gegrillt hat. Jeden einzelnen Tag. Und es war schwer, nichts aufgenötigt zu kriegen. Da hätte ich viel für Gulasch gegeben. Das war aber auch nichts Edles sondern die 98 Cent-Bratwurst aus der Plastikpackung.
      Wenig später dann habe ich mit einer Tuppertante zusammengewohnt, die alles in der Mikro gemacht hat, vom Pudding bis zur Kartoffel. Hat geklappt, fand ich trotzdem gruselig.

      Ich glaube, Grillen macht man oft mit und für Gäste, weil es geselliger ist, mit dem Feuer und so. Gemeinsames Eintopfkochen klingt da vergleichsweise unspektakulär. „So und jetzt sitzen wir hier alle drei Stunden rum bis das Gulasch fertig ist. Noch jemand Wein?“

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  2. Den Distelfink habe ich abgebrochen, obwohl ich die Erzählkunst großartig fand. Zu traurig. Aber vielleicht kämpfe ich mich mal bis zum Rezept vor. Essen geht immer.
    Was ist ein Zester?

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    1. Ja, traurig ist es. Vielleicht hast du mit der geheimen Geschichte mehr Glück. Bedrückend ist das allerdings auch, wenn auch toll geschrieben.
      Ein Zester ist ein Küchengerät, das auch Zestenreißer heißt und dazu da ist, schmale, dünne Streifen von Zitrusfrüchtenschalen zu schneiden. Entweder sehen die aus wie eine lange, schmale Reibe oder sind recht kurz und haben vorne so „Klauen“. Letzteres birgt weniger Verletzungspotenzial.

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    1. Im Nachhinein glaube ich das tatsächlich auch. Bei der Vorbereitung dachte ich noch, Tartt hätte wohl geschrieben, wenn es getrocknete sein sollten, da sie sonst immer sehr genau ist in ihren Beschreibungen. Beim Zubereiten ahnte ich, dass ich da falsch lag. Lecker sind sie aber auch so.

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