Mit dem Charme der Jahrhundertwende – „Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam“ von James M. Barrie

Barries populärste Figur Peter Pan kennen alle, wenn auch die wenigsten den Roman gelesen haben dürften. Das weitere Werk des Schotten trifft es noch härter. Zumindest in Deutschland wird es bisher mit nahezu völliger Missachtung gestraft und es sind kaum Texte von ihm übersetzt worden.

Barrie: Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam

In Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam stellt der Herausgeber Michael Klein nun 15 kürzere Prosa-Stücke des Autors vor, die ursprünglich vor allem in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt wurden. Die Texte erscheinen erstmals in deutscher Übersetzung. Seine Auswahl charakterisiert Barrie als humorvollen und feinfühligen Autor, der fast immer den richtigen Ton zwischen heiter und ernsthaft trifft. Seine Erzählungen kreisen oft um das Leben als Autor und Journalist. Im ersten Text beispielsweise ärgert sich ein Biograph wahnsinnig darüber, dass der Gegenstand der von ihm verfassten Biographie einfach nicht sterben will und stattdessen auf Gesellschaften munter die besten Anekdoten seines Buchs ausplaudert.

„Es gibt eine Krone für uns alle irgendwo.“

Dass Barrie aber auch ernstere und feinfühlige Texte beherrscht, beweist unter anderem die titelgebende Geschichte um seine Mutter, die am Tod eines Sohns fast zerbricht. Barrie beschreibt rührend, wie er verzweifelt versucht, seine Mutter aufzuheitern und den verstorbenen Bruder durch Imitation zu ersetzen. Auch in seinen übrigen Erzählungen schwingt oft eine gewisse Melancholie und Tragik mit, die aber meist hinter den heiteren Aspekten zurücksteht.

Barrie hat einen feinen, manchmal fast aberwitzigen Humor. Liest man zu viele der Erzählungen hintereinander, kann das fast zu viel werden, aber dazu ist ein Erzählband ja auch nicht gedacht. Seine Texte haben eine gewisse Leichtigkeit und ziehen viel Charme und Witz aus der Zeit, in der sie entstanden sind. Im hinteren Teil des Buchs gibt es ein Glossar, das einige Begriffe und Umstände hilfreich erläutert. Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam präsentiert Barrie als sympathischen Autor, dessen Werk sich kennenzulernen lohnt.


James M. Barrie: Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam. Herausgegeben und übersetzt von Michael Klein. Morio, 2017. 192 Seiten.

Das Zitat stammt von S. 129 aus der Erzählung „Wie Tommy Sanders zum Schriftsteller wurde“.

Ich danke dem Verlag für das Leseexemplar.

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