Mit dem Charme der Jahrhundertwende – „Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam“ von James M. Barrie

Barries populärste Figur Peter Pan kennen alle, wenn auch die wenigsten den Roman gelesen haben dürften. Das weitere Werk des Schotten trifft es noch härter. Zumindest in Deutschland wird es bisher mit nahezu völliger Missachtung gestraft und es sind kaum Texte von ihm übersetzt worden.

Barrie: Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam

In Wie meine Mutter ihr sanftes Gesicht bekam stellt der Herausgeber Michael Klein nun 15 kürzere Prosa-Stücke des Autors vor, die ursprünglich vor allem in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt wurden. Die Texte erscheinen erstmals in deutscher Übersetzung. Seine Auswahl charakterisiert Barrie als humorvollen und feinfühligen Autor, der fast immer den richtigen Ton zwischen heiter und ernsthaft trifft. Seine Erzählungen kreisen oft um das Leben als Autor und Journalist. Im ersten Text beispielsweise ärgert sich ein Biograph wahnsinnig darüber, dass der Gegenstand der von ihm verfassten Biographie einfach nicht sterben will und stattdessen auf Gesellschaften munter die besten Anekdoten seines Buchs ausplaudert.

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Worte über das Essen – „Eating Words – A Norton Anthology of Food Writing“

Während die Eloquenz beim Essen bei einigen bei „ja, kann man essen“ endet, gibt es andere, die ihre komplette berufliche Laufbahn dem Essen, dem Kochen und vor allem dem darüber Schreiben widmen und gewidmet haben. Einige davon finden Platz in dieser Anthologie mit dem Titel Eating Words, wobei die Betonung vorne auf dem Titel liegt – es geht nicht um das Essen von Wörtern, sondern um Essens-Wörter, bzw. Wörter über das Essen.

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Die HerausgeberInnen Sandra M. Gilbert und Roger J. Porter nähern sich dem Thema auf verschiedenen Themen und in ganz verschiedenen Epochen. Das erste Kapitel schafft einen historischen Überblick: dort finden sich Texte aus der Bibel ebenso wie Sinclairs Reportagen aus dem Schlachthaus und – natürlich – Prousts Kontemplationen über die Madeleine. Ein weiteres Kapitel widmet sich der Bedeutung von Essen und Küchentraditionen bei der Schaffung von Erinnerungen und Identitäten. Und so geht es das ganze Buch hindurch. Essen, und vor allem das Schreiben darüber, wird aus jeder erdenklichen Perspektive betrachtet, von sehr persönlichen Erinnerungen an das gemeinsame Essen in der Familie bis zu weit abstrakteren Betrachtungen und, im letzten Kapitel, auch einigen Texten zur Politik des Essens. Dort finden sich sowohl Auszüge aus „Consider the Lobster“, eine kritische Schrift, die David Foster Wallace nach einem Besuch auf einem Hummerfestival in Maine verfasste, sowie Statements von PETA, in denen erläutert wird, warum der Mensch sowieso ein Pflanzenfresser sei. Die Frage, warum Menschen abends im Bett Kochbücher lesen, wird ebenso untersucht wie das achtsame Essen einer Zwiebel.

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Frank Witzel: Revolution und Heimarbeit

revolutionundheimarbeit„Oft ist es so, daß man das Schreckliche, das in einem selbst rumort, überhaupt nur äußern kann, wenn man es verkleidet, verändert, oder eben einer, oder mehreren Personen als deren Aussage unterschiebt.“

Ein deutscher Journalist reist nach Arlington in der Nähe von Washington, wo er ein Verbrechen aufklären will. Sein Schwager hat ihn auf diese Spur gebracht und hat auch den Kontakt zu seinem Bekannten Snake hergestellt, einem jungen Mann, der ursprünglich aus Deutschland stammt, nun aber schon seit vielen Jahren in den USA lebt. Der Journalist hat sein letztes Geld ausgegeben für den Flug in die USA und ein neues Aufnahmegerät, mit dessen Kopfhörern er aber schlecht zurechtkommt, was, wie er gleich zu Beginn anmerkt, zu Fehlern in seiner Arbeit geführt haben könnte. Nicht immer sei ihm gleich aufgefallen, wenn Aussagen seiner Interviewpartner merkwürdig oder undeutlich waren. Tatsächlich scheinen die Interviews, die er alle in seinen Bericht eingefügt hat, auf den ersten Blick oft nichts mit dem Kriminalfall zu tun zu haben. Überhaupt ist es schwer, herauszufinden, worum es bei diesem Verbrechen gehen soll.

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