Women’s Prize for Fiction – die Shortlist 2019

Gute 6 Wochen nach der Bekanntgabe alle Nominierten für den diesjährigen Women’s Prize for Fiction ist seit heute auch die Shortlist da. Überraschenderweise hat es mit Anna Burns immerhin eine meiner Favoritinnen auf die Liste geschafft. So also sieht es in diesem Jahr aus:

Barker, Pat: The Silence of the Girls.

Wer Das Lied des Achill gelesen hat oder ziemlich fit in griechischen Sagen ist, wird Briseis kennen. Achilles raubt sie von den Trojanern und hält sie fortan als Sklavin. Um in einem Streit seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen, lässt Agamememnon sie rauben. Während sie in dieser Geschichte vor allem passiver Spielball ist, lässt Barker sie in ihrem Roman zu Wort kommen und ihre Version der Dinge erzählen.

Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Braithwaite, Oyinkan: My Sister, the Serial Killer.

Koredes Schwester ist eine Serienmörderin. Die Opfer sind Männer, mit denen sie eine Affäre hat. Korede hilft ihr immer, die Spuren zu vertuschen, schließlich ist es ihre Schwester. Doch dann verliebt sich ein Mann in ihre Schwester, den sie selber heimlich liebt und den sie nicht sehenden Auges in sein Unglück laufen lassen kann.

Klingt wie eine makabere Privatsender-Eigenproduktion, ich höre aber viel Gutes.

Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Burns, Anna: The Milkman.

Nachdem sie als erste Nord-Irin schon den letzen Man Booker Prize abgeräumt hat, steht Anna Burns jetzt auch zum zweiten Mal auf der Shortlist des Women’s Prize for Fiction. 2002 war sie mit No Bones nominiert, in dem ebenfalls ein Milchmann eine Rolle spielt. Ob es der gleiche ist, werde ich herausfinden müssen. Auch in ihrer zweiten Nominierung befasst sie sich mit der Auswirkung der „Troubles“ auf die nordirische Gesellschaft und Mentalität.

Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt; von No Bones gab es leider auch keine.

Evans, Diana: Ordinary People.

Evans erzählt in diesem Roman von Menschen, die erkennen müssen, dass sie ihre Träume nicht erreichen werden oder dass ihre Träume gar nicht das sind, was sie sich vorgestellt haben. Mit dem Fokus auf der Dynamik von Paar- und Familienkonstellationen erzählt Evans von eben ganz normalen Leuten.

Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Jones, Tayari: An American Marriage.

Auch dieser Roman handelt von ganz normalen Leuten, die ein eher bescheidenes aber glückliches Leben miteinander führen. Roy, erfolgreicher Handelsvertreter, heiratet seine große Liebe Celestial. Es soll für immer sein. Doch dann wird ein Urteil gegen ihn gesprochen und er muss für mehrere Jahre ins Gefängnis. Kann die Liebe das aushalten?

Auf Deutsch erschienen unter dem Titel In guten wie in schlechten Tagen bei arche.

Miller, Madeline: Circe.

In der griechischen Mythologie kommt Circe nicht immer gut weg. Nachdem Miller 2012 mit einem Roman über Achill den damals noch von Orange gesponserten Preis abgeräumt hat, legt sie ihren Fokus nun auf die legendäre Verführerin und erzählt, wie sie zu der Frau wurde, die heute, zumindest dem Namen nach, zu den bekanntesten Figuren griechischer Mythologie gehört.

Auf deutsch erscheint der Roman unter dem Titel Ich bin Circe im August bei Eisele.

Das ist sie, die diesjährige Shortlist. Verliehen wird der Preis am Abend des 5. Juni. Wie immer werde ich auch diese Titel auf meine Liste setzen und euch irgendwann hier wissen lassen, wie ich sie fand. Übrigens bin ich fast bei der Hälfte des Projekts angelangt – ich habe Grund zur Hoffnung, bis Ende 2021 fertig zu sein.

10 Gedanken zu “Women’s Prize for Fiction – die Shortlist 2019”

    1. Das wollen wir ja mal nicht hoffen… Ich kenne die beiden jetzt Nominierten noch nicht, bin aber generell kein großer Fan antiker Nacherzählungen. Das letzte von Miller hat mich auch nicht so gekriegt.
      Allerdings sind Nebenfiguren aus der griechischen Sagenwelt ja ein schier unendlicher Fundus. Alleine aus den Kindern des Zeus ließe sich ein ansehnlicher Romanzyklus machen. Eigentlich schön blöd, wer sich da noch was Neues ausdenkt.

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      1. Den Circe-Roman hab ich vorab gelesen… ist tatsächlich relativ gut erzählt… „relativ“, weil mE das Konzept nicht so wirklich trägt, episches und besonders da die Götter zu psychologisieren… werde ich bei Erscheinen im August genauer ausführen.
        Mein Problem, wenn das noch mehr werden sollte, hat aber auch damit zu tun, dass es sich ja trotz scheinbarer Fülle um Archetypen handelt und sich dann doch die Anklagen (und die einzige Mythenrevision, die ohne Anklage gegen den Mythos auskommt, die mir jetzt einfällt, wäre „Ulysses“) recht schnell wiederholen… Aber letztlich kann ja dennoch aus jedem Stoff Großes gemacht werden, wenn dessen inhärente Anforderungen sorgfältig durchdacht werden.

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        1. Das stimmt – an letzterem hapert es meiner Erfahrung nach leider häufig.
          Aber ich lasse mich mal überraschen, wie sehr Circe mich überzeugt.

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  1. Ich habe Circe geliebt, vor allem sprachlich ein Genuss! Pat Barker hab ich hier liegen, Milkman hat ja schon den Booker Prize und gefällt mir eingeschränkt. Die anderen Bücher interessieren mich ehrlich gesagt inhaltlich nicht, von daher hoffe ich auf Madeline Miller oder The Silence of the Girls, das auch in mein Beuteschema fällt.

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    1. Bisher habe ich ja kein einziges gelesen – ich hänge noch zu sehr an den vorherigen Jahrgängen. Thematisch am meisten interessiert hätte mich „Ghost Wall“ von Sarah Moss. Auf Milkman bin ich am meisten gespannt, nachdem ich „No Bones“ gerade gelesen habe. Jones und Evans klingen halt wirklich unspektakulär, aber das muss ja nicht heißen. Vielleicht verbirgt sich dahinter ja große schriftstellerische Kunst.
      Ich werde auf jeden Fall berichten und danke für deine bisherigen Einschätzungen.

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      1. Das ist möglich, aber ich muss gestehen, mir fällt es schwer, zu Büchern zu greifen, die bei mir kein inhaltliches Interesse wecken. Hab dabei aber auch schon genug Überraschungen erlebt 🙂

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  2. Hallo Marion,
    danke für den Überblick!
    Im Gegensatz zu Dir hab ich mich gleich auf die Mythologie-Nacherzählungen gestürzt und war von The Silence of the Girls begeistert – jetzt bin ich gerade mit der Hörbuchversion von The Song of Achilles fertig geworden und war nicht ganz so angetan, aber es hat mir immer noch gut genug gefallen, um Circe gleich hinterher zu schießen. Alle anderen Titel von der Shortlist werden wohl warten müssen.
    Dass Normal People nicht in die nächste Runde gekommen ist, finde ich einerseits schade, andererseits wäre eine nochmalige Nominierung fast ein „nicht schon wieder“ gewesen.
    Schönen Feiertag und liebe Grüße
    Niamh

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    1. Hallo Niamh,
      manchmal hatte ich schon den Verdacht, dass Titel nicht auf die Shortlist kommen, weil sie schon auf jeder anderen Shortlist waren 🙂 Das ist aber eine rein spekulative Untertstellung.
      Aber es ist ja auch gut, wenn nochmal andere Romane in den Mittelpunkt gerückt werden.
      Und danke für deine Einschätzung – dann bin ich ja mal gespannt, wie ich Briseis Geschichte so finden werde.
      Liebe Grüße,
      Marion

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