„Reading, I had learned, was as creative a process as writing, sometimes more so.“
Der hier besprochene Roman ist Teil V der Thursday Next-Reihe. Wer noch überhaupt nichts über die Reihe weiß, findet einen knappen Einstieg bei wikipedia oder eine absurde Menge Material auf der Homepage des Autors.
Jetzt aber zum Buch: 14 Jahre sind seit Thursdays letztem Fall vergangen. Sie ist nun etwas gesetzter, verheiratet und hat drei Kinder und betreibt, statt in der Buchwelt für Recht und Ordnung zu sorgen, eine Teppichfirma. Natürlich nicht. Die Firma ist nur eine mehr oder weniger raffinierte Deckung dafür, dass sie, Ex-LitAgs-Partner Bowden und Dämonen-Experte Spike noch lange nicht mit ihrer SpecOp-Tätigkeit abgeschlossen haben. Um eine Firma zu finanzieren, die eigentlich nie Aufträge hat, verkauft Thursday illegal eingeführten walisischen Käse an englische „Cheeseheads“ , die bereit sind horrende Summen für stinkigen Käse zu zahlen.
Außerdem muss sie ihren lethargischen Teenager-Sohn Friday dazu bewegen, endlich aufzustehen und Zeitreisen zu erfinden. In der Welt von Thursay Next sind die nämlich möglich, aber noch nicht erfunden. Weil man aber davon ausgeht, dass sie irgendwann erfunden werden, kann man sie trotzdem machen. Langsam aber wird die Zeit knapp und es bleiben nur wenige Tage um diese bahnbrechende Technologie zu entwickeln. Der einzige der das kann, ist leider der faule Friday.
Die Buchwelt, in der Thursday noch immer für die Jurisfiktion arbeitet, kämpft derweil mit massiv sinkenden Leserzahlen. In einem verzweifelten Versuch, die Menschheit wieder für Bücher zu begeistern, soll der Klassiker Stolz und Vorurteil in ein Reality-Format umgewandelt werden, bei dem jede Woche ein Charakter rausgewählt wird – natürlich von den jetzt wieder hochinteressierten Lesern. Thursday Next muss alles tun, um diesen Wahnsinn zu verhindern. Ihre beiden Kadetten Thursday1-4 und Thursday5 sind ihr dabei mehr Last als Hilfe.
Die Buchwelt, in der all das spielt, ist Fans der Serie schon bekannt und verliert auch in Band V nicht an Charme. Allerdings verzettelt sich Fforde etwas mit seinen Handlungssträngen. Die beiden eben genannten sollen eigentlich die Haupthandlung sein, kommen aber oft über lange Strecken nicht voran und geraten völlig ins Hintertreffen. Das Problem um die Reality-Show wird überhaupt erst im letzten Viertel des Romans eingeführt um dann schnell gelöst zu werden. Alles was sonst so passiert, kennt man auch schon aus den anderen Bänden. Der Minotaurus versucht weiterhin, seinen tödlichen Auftrag auszuführen, das Jurisfiktion-Team bemüht sich um Ordnung und Sicherheit in der Buchwelt und das Council of Genres streitet über Absurditäten. Am Ende sind das alles Variationen von Themen aus den letzten Bänden. An Einfällen mangelt es Fforde dabei noch immer nicht, aber langsam läuft sich das alles ein bisschen tot.
Auch die Erklärungen nehmen etwas überhand. Ich verstehe, dass es jederzeit möglich sein soll, in die Serie einzusteigen. Allerdings ist es, wenn man seit Band I dabei ist, etwas mühsam, die gleichen Erläuterungen immer wieder zu lesen. Vielleicht wäre ein Glossar für Grundbegriffe eine Option. Aber auch neu Eingeführtes ist nicht vor Redundanz gefeit – an gleich vier Stellen wird erklärt, dass Thursday nach einem Sprung aus der Buch- in die reale Welt immer wahnsinnig dehydriert ist. So dick ist das Buch nun auch nicht, dass ich das unterwegs hätte vergessen können.
Was bleibt ist ein unterhaltsamer Roman, der erwartbar absurd und witzig ist, aber ein bisschen vor sich hin dümpelt – dafür gewinnt er gegen Ende überraschend an Fahrt. Für Fans der Reihe steht es aber wohl ohnehin nicht zur Diskussion, ob man ihn liest oder nicht.
Jasper Fforde: First Among Sequels. Hodder & Stoughton 2008. 398 Seiten, ca. € 9,-. Erstausgabe Hodder & Stoughton 2008. Deutsche Übersetzung: Irgendwo ganz anders. dtv 2011.
Das Zitat stammt von S. 54
Jup. Etwas verzettelt, dieser Band. Aber das Next-Universum ist schon eine sehr coole und abgefahrene Sache.
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Ich hab bisher nur den ersten Band – mit großer Begeisterung – gelesen. Muss die Lektüre der Reihe bei Gelegenheit fortsetzen 😉 Ein wenig habe ich aber auch schon befürchtet, dass es sich so entwickeln wird, wie Du es nun beschreibst … Es ist für einen Roman (und eine Reihe noch mehr), ja immer eine heikle Sache, wenn er hauptsächlich von einer Aneinanderreihung irrwitzig-absurder Einfälle lebt (die sind bei Thursday Next aber tatsächlich grandios und haben bei mir regelmäßig lachendes Kopfschütteln verursacht …).
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Ich fand den ersten Band auch grandios. Fforde hat auch in späteren Bänden noch tolle Ideen. Aber die Handlung sollte halt bei allem Witz einen roten Faden haben.
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Seltsam, du bist nicht die einzige die derartige Kritik anbringt, aber ich habe immer noch nicht verstanden weshalb 😉 Womöglich geht es bei mir schon Richtung Nerd. 🙂
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Naja dein Fan-Status ist nun wirklich nicht zu übersehen 🙂
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und ich halte mich noch zurück 😉
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Vielen Dank für die Rezension! Ich kenne die Reihe noch gar nicht, aber das klingt alles höchst amüsant. Allein schon das Zitat ist sehr einnehmend – genau das bilden wir Literaturwissenschaftler (o.k., zumindest einige von uns) uns schließlich immer so schön ein.
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