Blasse Welt N’Terra – „A Conspiracy of Stars“ von Olivia A. Cole

Olivia English wächst auf in N’Terra, einer menschlichen Kolonie auf dem Planeten Faloiv. Das Leben dort ist noch sehr beschwerlich, es ist aber auch erst 40 Jahre her, dass Olivias Eltern und Großeltern mit der Vagantur vom „alten Planeten“ kamen, von dem man mutmaßen kann, dass damit die Erde gemeint ist. Die Menschen bewegen sich fast nur unter riesigen Glaskuppeln, tragen spezielle Anzüge und versuchen, die Tiere und Pflanzen der neuen Heimat zu erforschen und sich so besser an ihre neue Umgebung anzupassen. Die gesellschaftliche Elite bilden folgerichtig die „whitecoats“, die hochdekorierten Wissenschaftler*innen, die an der Erforschung der faloivschen Flora und Fauna beteiligt sind. Olivias Eltern gehören dazu und es ist klar, dass auch Olivia in ihre Fußstapfen treten soll.

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Noch aber ist sie ein „greencoat“, eine Wissenschaftlerin in Ausbildung. Über ein neues Praktikumsprogramm allerdings kommt sie schneller in den Genuss praktischer Erfahrung, als ihr lieb ist. Obwohl sie keine Säugetiere erforschen will, landet sie unter der Obhut ihrer Eltern in der entsprechenden Abteilung. Zusammen mit Freundin Alma und Instant-Crush Rondo schnüffelt sie in den Laboren herum und stellt schnell fest, dass hinter der blitzsauberen Oberfläche einiges im Argen liegt. Vor allem der Regierungsvorsitzende Dr. Albatur scheint eine Menge Dreck am Stecken zu haben. Doch auch Olivias eigener Vater weiß offenbar mehr, als er zugeben möchte und wird für seine eigene Tochter zur Gefahr.

„They won’t let me study what I want, so I study them instead.“

Mit Olivia schafft Cole eine sehr seltene SciFi-Protagonistin: sie ist weiblich, jung und nicht weiß. Und noch dazu wird das ganze Buch über niemand sexualisiert, obwohl alle ständig in hautengen Anzügen herumlaufen. Leider ist es da auch schon vorbei mit der erfrischend anderen SciFi. Faloiv ist besiedelt von fremden Pflanzen und Tieren, aber obwohl diese eine ganz zentrale Rolle im Roman spielen, werden sie fast überhaupt nicht beschrieben. Mehr als hoch oder riesig ist eine Pflanze fast nie. Bei den Tieren ist es fast noch schlimmer, denn der Kontakt ist so eng wie unvorstellbar. So gibt es eine hochdramatische Szene im Dschungel um N’Terra, in der Olivia fast von einem Dirixi getötet wird. Vom Dirixi erfährt man allerdings nur, dass es reptiloid, groß und furchteinflößend ist. Ob es schlängelt, kriecht oder rennt, Beine hat oder nicht, Schuppen, Hörner und Kämme, drei Köpfe oder doch nur einen hat – das alles weiß man nicht. Das nimmt der Szene einiges an Dramatik, weil man sie sich nicht so richtig vorstellen kann, außer eben, man nimmt die Sache selbst in die Hand und beschließt, dass ein Dirixi so oder so aussieht. Das allerdings muss man dann mit fast der ganzen Tierwelt machen, denn Beschreibungen sind ausgesprochen dünn gesät und beschränken sich meist auf einzelne Merkmale, spitze Zähne hier und flauschigen Pelz da. Auch die ursprüngliche Bevölkerung des Planeten, die Faloii, werden zwar eindringlich, aber wenig plastisch beschrieben.

Olivias Entwicklung ist nicht immer stringent. Eben noch ein zitterndes Häufchen Elend, findet sie im nächsten Moment den Mut, den finsteren Dr. Albatur mit ihren Vorwürfen zu konfrontieren, ohne dass der ihr etwas entgegenzusetzen hätte. Olivias Beziehung zu Rondo gerät auch manchmal ein kleines bisschen rosarot, aber dafür darf es keine Abzüge geben, schließlich wird der Roman als YA deklariert und wer YA liest, darf sich nicht über Schulhof-Romanzen aufregen. Gesamtgesellschaftlich sei gesagt, dass die Sitten des alten Planeten doch sehr schnell in Vergessenheit geraten sind. So hat die ursprüngliche Bevölkerung des Planeten den neuen Siedler*innen verboten, Fleisch zu essen und sie halten sich daran, finden den Gedanken daran inzwischen sogar abstoßend. Eine Rasse, die vor vierzig Jahren noch den Gerichtshof für Menschenrechte angerufen hat, wenn es Donnerstags in der Kantine kein Fleisch geben sollte? Vielleicht ist das der unrealistischste Moment des ganzen Romans.

Dass sie gute Romane schreiben kann, hat Cole mit ihrer dystopischen Tasha-Reihe bewiesen. Dort allerdings hatte sie auch einen entscheidenden Heimvorteil: Trotz aller SciFi und Dystopie ist sie mit dieser Reihe auf der Erde geblieben. Dieser Anker in der Realität fehlt der neuen Reihe um Olivia English und lässt sie recht hilflos durch das All trudeln. Trotz sehr verlockendem Cliffhanger am Ende wird A Conspiracy of Stars das einzige Buch bleiben, das ich aus der Reihe lesen werden.


tl;dr: Der Roman spielt auf dem von Menschen neu besiedelten Planeten Faloiv. Cole hat gute Startbedingungen, einen spannenden und außergewöhnlichen SciFi-Roman zu schreiben, scheitert dann aber leider an der Ausschmückung ihrer Welt, wodurch die Handlung sehr blass und der Spannungsbogen flach bleibt.


Olivia A. Cole: A Conspiracy of Stars. Katherine Tegen Books 2018. 418 Seiten. Eine deutsche Übersetzung liegt nicht vor.

Das Zitat stammt von S. 143.