Herkunft und Identität sind die zentralen Themen in Tommy Oranges Roman There There, in dem er sich mit der Kultur von Native Americans befasst, ihrer Zerrissenheit und Entwurzelung. Ein immer wieder genanntes Gericht sind die Indian Tacos, die zumindest für einige Charaktere ein echtes Highlight sind, darunter Orvil und sein Bruder:
„They only knew about Indian tacos because their grandma made them for their birthdays. It was one of the few Indian things she did. And she was always sure to remind them that it’s not traditional, and that it comes from lacking resources and wanting comfort food.“
Indian Tacos basieren auf einem frittierten Fladenbrot, dem Navajo fry bread. Es entstand zur Zeit der als „Long Walk“ bezeichneten Zwangsumsiedlung von rund 9.000 Menschen, mit der 1864 begonnen wurde. In dieser Zeit wurden in Rund 50 Marschtrupps vor allem Navajos zu Fuß über knapp 500 Kilometer vom heutigen Arizona nach New Mexico gebracht. Mindestens 200 überlebten die Strapazen nicht. Aus den kargen zur Verfügung gestellten Rationen entwickelten die Navajo das heute berühmte und berüchtigte fry bread. Vielen gilt es mittlerweile als Sinnbild für die um sich greifenden Zivilisationskrankheiten heute lebender Navajo: aus Weißmehl und frittiert, ohne wahren Nährwert, dafür mit jeder Menge Kalorien – als Basis gesunder Ernährung dient es nun wirklich nicht. Und doch ist es unverzichtbar. Es ist ein zentrales Element und identitätsstiftender Baustein der Esskultur geworden, eine Erinnerung an das kollektive Trauma der Vertreibung und ein Muss bei jedem Powwow. Und das, obwohl es auf so unschöne Art seinen Weg in die Kultur gefunden hat.
„We know the sound of the freeway better than we do rivers, the howl of distant trains better than wolf howls, we know he smell of gas and freshly wet conrete and burned rubber better than we do the smell of cedar or sage or even fry bread – which isn’t traditional, like reservations aren’t traditional, but nothing is original, everything comes from something that came before, which was once nothing.
Für Indian Tacos werden weitere Zutaten auf das fry bread gegeben, meistens Hackfleisch, Bohnen, Tomaten und Sour Cream, außerdem Chilis, geriebener Käse oder Koriander. Eine leichte Zwischenmahlzeit sind Indian Tacos definitiv nicht, aber wie Orvils Oma schon wusste: fry bread, weder traditionell noch figurfreundlich, soll in erster Linie comfort food sein. Und diese Funktion erfüllt es auf jeden Fall. Wenn ihr also das nöchste Mal Trost im Frittierten sucht, versucht es doch mal hier mit:

Indian Tacos
für 6 Stück
Fry Bread:
- 240 g Weizenmehl + mehr für die Arbeitsfläche
- 180 ml Wasser
- 1 TL Backpulver
- 1 TL Salz
- 1 TL Zucker
- Öl zum Ausbacken (ca. 300 ml)
Füllung:
- 400 g Rinderhackfleisch
- 1 kleine Zwiebel
- 1 EL Pflanzenöl
- 1 Dose Kidney-Bohnen
- 150 g Cheddar, gerieben
- einige Blätter Eisbergsalat
- 4 – 6 Jalapeños
- 2 Tomaten
- Salz, Pfeffer
- Chilipulver
Zuerst eine Bemerkung zum Teig: er ist sehr, sehr weich und klebrig. Das soll er auch sein. Wenn man damit sehr zu kämpfen hat, kann man von Vornherein weniger Wasser einarbeiten oder später den Mehlanteil erhöhen. Es ist dann nicht mehr exakt das richtige Brot, aber immer noch sehr lecker.
Das Mehl mit dem Backpulver, Salz und Zucker in eine Rührschüssel geben. Nach und nach das Wasser zugeben und rasch einarbeiten. Der Teig soll gleichmäßig sein, darf aber nicht zu sehr geknetet werden. Mit nassen Händen den Teig in 6 möglichst gleich große Portionen teilen, in eine Schüssel geben und abgedeckt 30 Minuten ruhen lassen.
In dieser Zeit die Füllung vorbereiten. Dazu 1 EL Öl in einer Pfanne erhitzen, die Zwiebel sehr fein hacken und darin andünsten, bis sie glasig wird. Dann das Hackfleisch zugeben und krümelig braten. Mit Salz, Pfeffer und Chili abschmecken und beiseite stellen. Die Tomate sehr fein würfeln, den Salat in feine Streifen schneiden, die Jalapeños entkernen und fein würfeln und alles in separaten Schüsseln bereit stellen. Ebenso den geriebenen Käse und die Sour Cream bereit stellen. Die Bohnen aus der Dose nehmen, abspülen und ebenfalls in einer Schüssel bereit stellen.

In einer tiefen Pfanne etwa 1 cm hoch Öl eingießen und erhitzen. Es soll etwa 180°C heiß werden. Die Teigkugeln auf der mit Mehl bestäubten Arbeitsfläche platt drücken und dann entweder mit dem Nudelholz ausrollen, oder mit den Händen ausziehen. Letzteres fand ich deutlich dankbarer. Das Ziel ist ein Teigfladen, der max. 2 mm dick ist und an den Ränden dicker ist als in der Mitte. So entsteht beim Frittieren eine Mulde, die später die Füllung an Ort und Stelle hält.
Die Teigfladen in das heiße Öl geben und von jeder Seite etwa anderthalb bis zwei Minuten ausbacken, bis sie goldbraun werden.
Etwas Küchenpapier auf einen Teller legen und die Brote darauf stapeln. Wer gerne weniger Fett auf dem Teller haben möchte, kann auch jeweils ein Küchenpapier zwischen die Fry Breads legen. Wer möchte, kann die Brote im Ofen bei ca. 80°C warm halten.
Zum Servieren gibt man auf jedes Fry Bread zunächst Hackfleisch (ggf. nochmal erwärmen) und Bohnen. Darauf werden Sour Cream, Salatstreifen, Jalapeños und Tomaten verteilt. Zu guter Letzt kommt noch Käse oben drauf. Natürlich kann man die Zutaten auch einzeln servieren und alle können sich ihren Taco nach Geschmack zusammenstellen.
Die Tacos sind in der Tat ganz wunderbares Comfort Food. Außerdem ist die Füllung so variabel, dass mit diesem Essen alle glücklich werden können. Außer vielleicht die Koronargefäße.
Tommy Orange: There There. Alfred A. Knopf 2018.
Die Zitate stammen von den Seiten 132 und 11.
Die Infos zum frybread kann man im Smithsonianmag nachlesen.
Das Rezept ist aus verschiedenen Quellen entstanden, maßgeblich aber angelehnt an das von allrecipes.