Die Welt, die Nana Ekvtimishvili ihren Figuren in Das Birnenfeld zumutet, ist eine fast gänzlich trostlose. Der Roman spielt in einem Internat, das mehr eine Sammelstelle ist für Kinder, die nicht mehr bei ihren Eltern leben können, als eine wirkliche Bildungseinrichtung. Der Umgang ist lieblos und rau, auch unter den Kindern und Jugendlichen. Das Internat steht am Rande von Tiflis und ist in der Gegend verschrien. Mit den merkwürdigen, verrohten Kindern will niemand etwas zu tun haben. Eine seltene Ausnahme ist die gutherzige Msia, die mit ihrer Familie im Nachbarblock lebt. Irakli, ein Junge aus dem Internat, darf von ihrem Apparat aus seine Mutter anrufen. Das macht er regelmäßig und ebenso regelmäßig verspricht sie ihm, bald zu Besuch zu kommen. Sie kommt nie.
Msias Wohnung ist das Gegenteil vom Internat: Immer ist es blitzsauber, immer ist sie guter Dinge und immer ist Essen auf dem Herd oder Brot im Ofen. So ist es auch dieses mal und für den enttäuschten Irakli gibt es zumindest einen kleinen Trost zum Mitnehmen:
„Beim Rausgehen erscheint Msia an der Wohnungstür und drückt jedem zwei heiße Stücke Lobiani-Bohnenbrot in die Hand, in ein Stück Zeitungspapier gewickelt, damit sie sich nicht die Finger verbrennen.“
Da ist Irakli der Appetit eigentlich schon vergangen. Wieder einmal hat seine Mutter ihn vertröstet und ihm auch kaum zugehört am Telefon. Und auch seine Freundin Lela, die hin immer zu Lela begleitet, macht ihm Vorwürfe, er würde seiner Mutter „in den Arsch kriechen“. Aber trotzdem – das Brot schmeckt und wer im Internat lebt, kann sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, etwas so Köstliches wie ofenfrisches Lobiani ganz für sich allein zu haben. Und falls ihr diese Freude nachvollziehen wollt, ist hier ein Rezept dafür:

Lobiani
Teig:
- 500 g Mehl
- 1 Würfel Hefe
- 150 ml Milch, lauwarm
- 250 ml Wasser, lauwarm
- 1 Prise Zucker
Füllung:
- 2 Dosen Kidney-Bohnen, abgetropft
- 1 TL Bohnenkraut, gehackt
- 1,5 TL Chmeli Suneli*
- 1 TL Butter
- 300 g Zwiebeln, gewürfelt
- Salz und Pfeffer
außerdem:
- Mehl zum Ausrollen
- 1 Ei
* Chmeli Suneli ist eine georgische Gewürz- und Kräutermischung, die u. a. Koriander, Dill, Estragon, Thymian, Majoran, Lorbeer und Bohnenkraut enthält. Man kann sie in Geschäften bekommen, die osteuropäische Lebensmittel verkaufen oder natürlich online bestellen oder aus den oben genannten Zutaten selber mischen.
Für den Teig die Hefe im Wasser auflösen. Mit Milch, Mehl und Zucker ca. 10 Minuten lang zu einem glatten, elastischen Teig verkneten. Abgedeckt an einem warmen Ort eine Stunde gehen lassen.
In der Zwischenzeit die Füllung vorbereiten. Dazu die Zwiebel in der Butter glasig dünsten. Die Bohnen grob pürieren oder mit dem Kartoffelstampfer zerdrücken. Die gegarten Zwiebeln und die Gewürze unter die Bohnenmasse ziehen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Füllung beiseite stellen.
Den Teig nach einer Stunde noch einmal durchkneten und anschließend weitere 20 Minuten gehen lassen.
Den Ofen auf 190°C vorheizen.
Die Arbeitsfläche mit etwas Mehl bestreuen und den Teig auf ca. 30 cm Durchmesser ausrollen. Die Bohnenmasse in die Mitte geben und den Teig von den Rändern her darüber schlagen. Die „Nahtstellen“ sorgfältig zusammendrücken. Den gefüllten Fladen vorsichtig wieder auf 25 cm ausrollen (in diesem Video wird gezeigt, wie das geht). Mit der Nahtseite nach unten auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen.
Das Ei verrühren und das Brot damit einstreichen. In die Mitte der Oberseite vier Schlitze schneiden, durch die beim Backen der Dampf entweichen kann.
Auf mittlerer Schiene 15 – 20 Minuten backen bis das Brot goldbraun ist.
Dank der Füllung ist das Brot eigentlich schon eine Mahlzeit für sich, ist aber natürlich auch als Beilage bestens geeignet.
Nana Ekvtimishvili: Das Birnenfeld. Suhrkamp 2018, 220 Seiten.
Das Zitat stammt von S. 46.
Mehr Essen aus Büchern gibt es auf schiefgegessen.
Auf dem Youtube-Kanal, in dem das Ausrollen erklärt wird, gibt es auch ein Rezept für „Megruli Khachapuri“. Funktioniert genauso, nur dass der Fladen statt mit Bohnenpaste mit Käse gefüllt und anschließend noch mit Käse überbacken wird. Das ist auf jeden Fall keine Beilage mehr, sondern (mindestens) eine Mahlzeit. 😉
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Chatschapuri, oder wie immer man es transkribieren möchte, hat in georgischer Literatur einen sehr festen Platz. Es kann gut sein, dass das auch nochmal seinen Weg hierher findet. In Moras „Das Ungeheuer“ wird es beschrieben als „wie Vier-Käse-Pizza, nur besser“. Auf jeden Fall ausprobierenswert!
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