Die Beziehung von Julia und Helen in Sarah Waters The Night Watch steht unter ständiger Spannung. Das liegt nicht nur daran, dass die beiden in den 1940er-Jahren leben und ihre homosexuelle Beziehung unter allen Umständen geheim halten müssen, sondern auch ganz maßgeblich an Helens Eifersucht. Sie ist die häuslichere, zurückhaltendere der beiden und lebt in ständiger Sorge, dass die leuchtende, schöne, talentierte Julia einfach geht. Dass sie eine bessere Partnerin findet und ihre Sachen packt.
So ist es auch an diesem Abend, an dem Helen in eine leere Wohnung zurückkommt. Panisch öffnet sie die Schränke, um zu sehen, ob Julias Kleidung, ihre Koffer, ihr Schmuck noch da sind. Alle ist an seinem Platz, aber wo ist Julia? Warum hat sie keine Notiz hinterlassen, und mit wem ist sie überhaupt unterwegs? Um ihre Sorgen in den Griff zu kriegen, beschließt Helen, schonmal das Abendessen vorzubereiten:
„She gathered together the ingredients for a shepherd’s pie. She said to herself that by the time the pie had gone into the oven, Julia would be home.“
S. 142
Während Helen das Wasser kocht, das Fleisch anbrät und die Kartoffeln stampft, wartet sie angespannt auf das gewohnte Geräusch von Julias Schlüsseln in der Tür. Aber Julia ist noch nicht zu Hause, als der Auflauf im Ofen ist, sie ist auch noch nicht zu Hause, als Helen das Geschirr gespült und den Pie aus dem Ofen genommen hat und sie kommt auch nicht nach Hause, während Helen alleine in der Küche sitzt, und zu Abend isst. Sie kommt erst nach Hause, als Helen sich in ihr Arbeitszimmer geschlichen hat, um in Julias Unterlagen irgendeinen Hinweis zu finden, der ihr verrät, wo und bei wem sie gerade ist. Da kommt Julia nach Hause, riecht nach Wein und Zigaretten und lässt Helens schlimmste Befürchtung wahr werden: Mit Ursula war sie unterwegs, ihrer Literaturagentin, den ganzen Tag lang, während die treusorgende Helen für sie in der Küche stand.
Was das für die Beziehung der beiden bedeutet, müsst ihr in The Night Watch selber nachlesen, schön ist es allerdings nicht. Für’s erste wollen wir aber der verzweifelten Helen bei ihrem einsamen Abendessen Gesellschaft leisten:

Shepherd’s Pie
für zwei Personen oder eine Eifersüchtige
- 1 EL Sonnenblumenöl
- 1 Zwiebel
- 2 Karotten
- 250 g Lammhack
- 1 EL Tomatenmark
- Worcestershiresauce
- 150 ml Rinderbrühe
- 500 g Kartoffeln, mehlig kochend
- 40 g Butter
- 2 EL Milch
- Salz und Pfeffer
- geriebene Muskatnuss
Die Zwiebel schälen und fein würfeln. In einem Topf das Öl erhitzen und die Zwiebel darin dünsten. In der Zeit die Karotten ebenfalls schälen und fein würfeln. Wenn die Zwiebel glasig ist, das Tomatenmark und die Karottenwürfel zugeben und kurz anrösten. Anschließend das Fleisch zugeben und ebenfalls anbraten. Wenn das Fleisch beginnt zu bräunen, die Rinderbrühe angießen und alles mit Deckel auf kleiner Flamme 20 Minuten köcheln lassen, anschließend weitere 20 Minuten ohne Deckel.
Während das Fleisch kocht, die Kartoffeln garen. Anschließend schälen und mit dem Kartoffelstampfer zerdrücken. Die Butter und Milch unter die noch heißen Kartoffeln ziehen und das Kartoffelpüree mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.

Den Ofen auf 160°C Umluft vorheizen. Ein paar Spritzer Worcestershiresauce unter das Fleisch ziehen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Anschließend das Fleisch in eine Auflauf-Form geben und gleichmäßig verteilen. Das Kartoffelpüree auf dem Fleisch verteilen und glatt ziehen. Wer möchte, kann noch ein Muster mit einer Gabel in das Püree ziehen. Im Ofen für ca. 25 Minuten backen, bis das Püree beginnt, braun zu werden. Aus dem Ofen nehmen und 10 Minuten ruhen lassen.
Anschließend auf zwei Teller verteilen und warten, dass die andere Person nach Hause kommt. Nach Belieben nach weiteren 20 Minuten beleidigt alleine essen.
Tatsächlich wurde auch mein Shepherd’s Pie alleine gegessen, allerdings nicht von mir. Es gibt Lamm-Zubereitungsarten die ich mag, aber es sind wenige. Diese hier gehört nicht dazu, wie ich schnell herausgefunden habe. Als Notfall-Ersatz gab es Nudeln mit Pesto aus dem Glas, ein sehr nettes Abendessen, dessen Rezept ich hier aus offensichtlichen Gründen nicht poste.
Zitat und Inspiration aus: Sarah Waters: The Night Watch. Virago 2006.
Das Rezept ist der „No-fuss shepherd’s pie“ von BBC Good Food, erweitert um Salz, Pfeffer und Muskat. Man muss ja nicht jedes Klischee der englischen Küche erfüllen.
Mehr Essen aus Büchern gibt es schiefgegessen.
hahaha – sehr cooler Text und jetzt hab ich Lust auf Shepherd’s Pie 🙂
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