Um es vorweg zu nehmen – bei Horse Heaven habe ich getan, was ich für das gesamte „Women’s Prize„-Projekt ausgeschlossen hatte: Ich habe es abgebrochen. Nach 274 von 699 Seiten habe ich es schlicht nicht mehr ausgehalten. Ich weiß nicht, was in die Jury gefahren ist, diesen Roman auf eine Shortlist zu setzen, auf der auch Margaret Atwood und Ali Smith standen.
Horse Heaven ist ein Roman über Rennpferde und Pferderennen. Die ersten hundert Seiten hatte ich noch die Hoffnung, es könnte eigentlich um komplexe zwischenmenschliche Beziehungen gehen von Leuten, die eben auch Pferde besitzen oder mit ihnen arbeiten. Aber es geht um die Pferde. Wie sie gestriegelt, massiert, geritten, gemustert, geschätzt, verletzt, verkauft und gekauft werden. Sie heißen Residual, Epic Steam und Limitless, sind Englische Vollblüter und Rennpferde. Ihre Herkunft wird peinlich genau benannt.
„The only hearts and souls you felt comfortable talking about at the track were horses‘ hearts and souls.“
Ihre Besitzer und ihre jeweiligen sozialen Umfelder spielen ebenfalls eine Rolle, agieren aber sowohl flach als auch völlig aneinander vorbei. Die einzelnen Handlungsstränge haben beinahe nichts miteinander zu tun, außer, es wird ein Pferd verkauft. Auf jegliche Entwicklung, emotionale Spannung oder tiefere Einsicht wartet man vergebens. Stattdessen liefert Smiley ein wildes Sammelsurium leidlich unterhaltsamer Pferde-Anekdoten, wie beispielsweise die Geschichte eines Pferdes, das mit einem Schwein zusammenlebt. Sämtliche dieser Geschichten lesen sich sehr krampfhaft eingebunden und scheinen entweder aus Smileys eigener Stallerfahrung zu stammen oder aus der Rubrik „Leser erzählen“ der Horse and Hound. Einzig das sexuelle Erwachen der Rosaline Maybrick (im „Cast of Characters“ als socialite, connoisseur geführt) ist so grotesk, dass es wirklich unterhaltsam ist.
Horse Heaven liest sich wie 120 aneinandergetackerte Wendy-Ausgaben, nur ohne Plastik-Giveaways. Man langweilt sich als nicht nur schrecklich, sondern wird auch noch um 120 Armbänder mit Platikhufeisen und die ganzen Poster betrogen. Es ist mir ein komplettes Rätsel, wie man dieses Buch jemals für irgendeinen Literaturpreis in Erwägung ziehen konnte.
Jane Smiley: Horse Heaven. Gelesen in der Ausgabe faber and faber 2001. 699 Seiten. Originalausgabe 2000 bei Alfred A. Knopf. Eine Übersetzung von Hannah Bonner ist unter dem Titel Feuerpferd 2002 bei Krüger erschienen. Das Original ist derzeit bei Ballantine Books lieferbar, die Übersetzung gibt es nur noch antiquarisch.
Das Zitat stammt von S. 119.
Der Roman war 2001 auf der Shortliste des Orange Prize. Dieser Beitrag ist Teil des Leseprojekts „Women’s Prize for Fiction„.
…vielleicht sollte bei solchen Büchern als Kaufanreiz immer ein Gimmick dabei sein – so wie früher bei den Y-Heften. 😉
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Hätte der gesamte Mittelteil aus Postern bestanden, hätte ich ihn mir zumindest angesehen. Wäre dann auch noch ein Detektivset dabei gewesen, wäre meine Meinung sicher insgesamt positiver ausgefallen.
Allerdings habe ich das Buch gebraucht gekauft und es wäre sicher gewesen wie mit „geerbten“ YPS-Heften – alle Gimmicks weg und die guten Rätsel alle schon ausgefüllt.
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😂
…da hilft nur hoffen auf die nächste Ausgabe von „medizini“!
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„Horse Heaven liest sich wie 120 aneinandergetackerte Wendy-Ausgaben, nur ohne Plastik-Giveaways. Man langweilt sich als nicht nur schrecklich, sondern wird auch noch um 120 Armbänder mit Platikhufeisen und die ganzen Poster betrogen.“
😂😂 Aber das Cover ist schön feurig.
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Es hätte nicht geschadet, hätte der Inhalt davon auch etwas abbekommen.
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