Fünf. Zwei. Vier. Neun.

Im letzten Jahr plante Jörg Mielczarek die Herausgabe einer Literaturzeitschrift, die Texte aus der 5249 Tage dauernden Zeit der der Weimarer Republik abdrucken sollte. Das Ziel der zugehörigen Crowdfunding-Kampagne konnte leider nicht erreicht werden, aber da die erste Ausgabe da schon fast fertig war, ist sie jetzt als Ausgabe 0 doch erschienen.

Mielczarek befasst sich seit Jahren mit Texten aus der Zeit der Weimarer Republik. Unter dem Titel Von Untertanen, Zauberbergen, Menschen ohne Eigenschaften hat er auch ein Buch über diese Epoche veröffentlicht. Bei seinen Recherchen stieß er auf zahlreiche Texte, die heute interessierten LeserInnen nicht mehr so ohne weiteres zugänglich sind, bzw. mühsam zusammengesucht werden müssen. Zur Zeit der Weimarer Republik wurden beispielsweise viele Texte, durchaus auch längere, nur in Zeitschriften veröffentlicht. Darunter findet sich vieles, das heute auch noch lesenswert ist, wenn man denn weiß, wo man es findet.

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Mielczarek hat es sich also zum Ziel gemacht, diese Texte zu sammeln und verfügbarer zu machen. In der Nullnummer werden bekannte Autoren wie Hans Fallada und Ödön von Horvàth behandelt, aber auch unbekanntere Namen wie Larissa Reissner tauchen auf. Der Inhalt ist eine interessante Mischung aus längeren Texten, Leseproben und kürzeren Auszügen, darunter auch viele Zeitungsartikel. Letztere umfassen vor allem Reportagen und bieten einen zeitgenössischen, sachlichen und unmittelbaren Blick auf die sozialen Rahmenbedingungen dieser Zeit. Schwerpunkt der ersten Ausgabe ist Hans Fallada und sein Roman Kleiner Mann, was nun?, der im Licht zeitgenössischer Kritik dargestellt wird.  Auch bei den anschließenden Kritiken anderer Texte ist es interessant zu lesen, wie die verschiedenen Romane zum Zeitpunkt ihrer Erstveröffentlichung aufgefasst wurden. Wie auch auf der facebook-Seite des Projekts zeigt sich hier dann auch mein größtes Problem mit Jörgs Arbeit: Die gnadenlose Überfrachtung meiner to-read-Liste.

In dieser Reihe sollen in Zukunft auch einzelne Texte als Buch erscheinen. Den Anfang machte bereits Mala Laasers Karl und Manci, das bis dato nur in einer Zeitschrift erschienen war. Über das Leben und Schicksal der jüdischstämmigen Autorin ist fast nichts bekannt. Weitere Titel sollen folgen, einseh- und bestellbar sind die Titel beim Verlag interna. Auch die Zeitschrift soll, wenn nun auch in unregelmäßigen und längeren Abständen, fortgesetzt werden. Aus dem Groß- ist ein Feierabendprojekt geworden und die nächste Ausgabe gehört dann dem Alexanderplatz.


Fünf. Zwei. Vier. Neun. Verlag interna 2017. 88 Seiten, € 18,-.

3 Gedanken zu “Fünf. Zwei. Vier. Neun.”

  1. Mir geht es wie dir: solche Publikationen erinnern mich immer daran, was ich alles noch nicht gelesen habe und unbedingt lesen sollte. Da bin ich dann froh, dass es auch Literaturverfilmungen gibt. Hans Falladas „Ein Mann will nach oben“ habe ich vor vielen, vielen Jahren als TV-Film gesehen, und das hat einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Und Ödön von Horvath gibt’s in Wien immer mal wieder im Theater, meist in exzellenten Inszenierungen.

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