Nichts als Elend auf der Welt – Das Teemännchen

Beinahe nichts als Elend gibt es in diesen Erzählungen von Heinz Strunk zu entdecken, ein großes Elend im Alltäglichen, dem man nicht entkommen kann.

Als „literarischer Anwalt der Loser“ bezeichnet Profil Heinz Strunk, so ist es im Klappentext von Das Teemännchen zu lesen. Beinahe sämtliche Figuren in dieser Sammlung von Texten haben und sind verloren. Bei den einen ist es offensichtlicher, wie bei dem Junkie Niels Peter Runge, dessen Leben ein dramatisches Ende findet und sogleich vergessen wird, bei denen anderen muss man ein wenig länger suchen um es hinter der stabilen Fassade zu finden. Aber irgendwo lauert es in jeder Existenz, das Elend, die Angst, die Sinnlosigkeit.

„Wir kommen aus dem Nichts und wir verschwinden im Nichts, alles sonst sind fromme Wünsche und infantile Phantastereien.“

S. 157

Die Texte, die in diesem Buch versammelt sind, sind von ganz unterschiedlicher Länge. Mal füllen sie kaum eine Seite, mal kann man den Untergang länger betrachten, wie bei „Jenny Müller“, deren Geschichte einer verkorksten Beziehung den meisten Platz einnimmt, während man den Mann, der sich überraschend an ein Windrad gebunden findet, dankenswerterweise schnell wieder seinem Schicksal überlassen kann. Viele der Erzählungen sind schmerzhaft nah an der Realität, wie die vom titelgebenden Teemännchen, dessen Idee von der Selbstständigkeit nicht von Erfolg gekrönt ist. Andere sind absurder, brutaler und manchmal schlicht surreal.

Der Ton der Erzählungen ist dabei nie ein herablassender Blick auf die Loser, viel Mitgefühl gibt es aber auch nicht – man muss da halt durch, wir alle, die wir ebenso Loser sind oder im nächsten Moment sein können wie Klaus, der gerne als großer Macker beim Klassentreffen auftreten will und doch nur Hohn und Verachtung erntet. Bei all dem Elend gibt es aber noch immer einen humorvollen Unterton, denn so ist es eben das Leben – mal läuft es gut und dann mal wieder nicht, das ist doch bei allen so. Ehe man es so recht merkt, ist man schon bei den Abhängten und kommt da auch nicht wieder weg.

Der Blick ist mitunter bitterböse, gilt aber nicht den Menschen sondern den Umständen, in denen sie leben müssen. Unnachgiebig und mit humoristischer Distanz betrachtet Strunk die Welt, und bewahrt das Buch damit davor, wirklich ganz schrecklich zu sein. Die Miniaturen machen Spaß und überraschen. Weder stilistisch noch in der Handlung kann man sich je sicher sein, was einen auf der nächsten Seite erwartet. Manchmal scheint Strunk kurze Beobachtungen aus dem Alltag zu verarbeiten, dann wieder sind die Handlungen völlig abwegig. Mit seinen kurzen Texten ist Das Teemännchen ein netter Band für den Nachttisch, wenn der Tag allzu positiv zu enden droht.

Heinz Strunk: Das Teemännchen
Rowohlt 2018, 206 Seiten.
978-3-499-27436-7

2 Gedanken zu “Nichts als Elend auf der Welt – Das Teemännchen”

  1. Strunk hat mich seit dem Handschuh nicht mehr wirklich überzeugt. Hatte das Gefühl, der versucht so ein bisschen den deutschen Houellebecq zu machen, aber ohne Risiko. Aber vielleicht bieten Kurztexte ja wirklich die Chance für etwas Anderes.

    Den Schrottplatz-Roman (2 Artikel vorher) habe ich übrigens in der Bücherei gefunden und werde mir den demnächst mal anschauen.

    Like

    1. Von Strunk habe ich ansonsten glaub ich nur Jürgen gelesen und naja – da war jetzt auch der literarische Anspruch vielleicht nicht GANZ hoch. Houellebecq-Ansätze hab ich da jedenfalls keine gesehen.

      Lass mich wissen, wie du den Schrottplatz fandest!

      Like

Was sagst du dazu?

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..