Kirsten Bakis: Lives of the Monster Dogs

2009, noch in weiter Zukunft, als Bakis über die Monsterhunde schrieb, tauchen in New York verstörende Kreaturen auf. Sie haben Hundeköpfe und Menschenhände, gehen auf zwei Beinen und können sprechen. Sie tragen wallende Kleider und Uniformen, wie man sie seit 100 Jahren nicht gesehen hat. Sie sind das endlich geglückte Experiment, das Augustus Rank Ende des 19. Jahrhunderts begonnen hatte, als er eine absolut loyale Armee erschaffen wollte, deren Verluste leicht ausgleichbar wären. Nun sind sie ihren Erschaffern entkommen und ziehen im Rudel nach New York, sagenhaft reich und zumindest auf den ersten Blick deutlich friedlicher, als Rank sich das mal gedacht hatte.

„No human loyalty can equal the fanatic devotion of a dog.“

Durch einen Zufall wird Cleo ihre Vertraute und Pressefrau. Die Hunde gewähren ihr Einblicke in ihre Welt, laden sie zum Essen ein und einige werden sogar ihre Freunde. Cleo ist es auch, die jetzt über die unvergessliche Zeit berichtet, die sie mit den Monsterhunden verbracht hat.

Der Rahmen des Romans ist schon ein recht absurder und man muss das natürlich einfach als Science Fiction akzeptieren. Der übrige SciFi-Anteil hält sich allerdings in Grenzen, bis auf Hüte aus Metall und Laserpistolen im Handtaschenformat, welche die meisten Frauen stets bei sich tragen. Und es gibt keine Handys. New York 2009 und Cleo muss von öffentlichen Münzfernsprechern aus telefonieren, wenn sie unterwegs ist. Ich finde das immer spannend, dass alle AutorInnen sich vor 20 Jahren vorstellen konnten, dass wir mit einem dicken Waffenarsenal durch die Gegend laufen, aber nicht, dass wir Mobiltelefone besitzen.

LivesOfTheMonsterDogs

Cleo bleibt ansonsten ziemlich flach in der Charakterisierung. Man erfährt, dass sie einen Hund hat und gerade eine herzzerreißende Trennung hinter sich gebracht hat, aber das war es dann auch fast schon. Ihre Funktion ist die der berichtenden Journalistin, sie bleibt absolut austauschbar. Und seltsam unkritisch noch dazu. Sie weiß, dass die Hunde ihrer Gefangenschaft nur durch ein extrem blutiges Massaker entkommen konnten. In Rankstadt, wo die Forschungen vollendet wurden, steht kein Stein mehr auf dem anderen und alle Menschen wurden innerhalb einer Nacht getötet. Auch jetzt bauen die Hunde ein ordentliches Arsenal an Schusswaffen auf. Nur zur Selbstverteidigung, sagt man Cleo. Okay cool, sagt Cleo. Wird schon nichts passieren. Die gewalttätige Vergangenheit wie Gegenwart ihrer neuen Freunde nimmt sie eben so hin.

Die Hunde wissen um ihr nahendes Ende. Nachgezüchtet werden können sie nur im Labor, das sie selbst zerstört haben, und damit ist ihr Untergang besiegelt. Das ist für sie keinesfalls ein Grund, in apathischen Nihilismus zu verfallen. Sie bauen ein gigantisches Schloss mitten in New York, wofür sie einen ganzen Block abreißen, dessen BewohnerInnen sie vorher „umgesiedelt“ haben. Fragt auch keiner nach. Das Schloss ist ein Geschenk der Hunde an die Stadt, die sie so großzügig aufgenommen hat.

Eigentlich ist das Buch randvoll mit symbolträchtigen Elementen. Die Hunde, die nur durch einen blutigen Aufstand der Sklaverei entkommen können. Ihr isoliertes, fremdes Leben in der großen Stadt. Das unabwendbare und nahe Ende ihrer Rasse. Aber Rankin macht da nicht so richtig was draus, wodurch die ganze Geschichte recht oberflächlich bleibt. Aber immerhin ganz unterhaltsam und dank der historisierenden Atmopshäre mit einigen Anklängen an Gothic Novels. So für zwischendurch ganz nett.

Bonusmaterial: Ich hatte die ganze Zeit dieses grandiose Video im Kopf, was es mir stellenweise schwer gemacht hat, das Geschehen ernst zu nehmen:


Kirsten Bakis: Lives of the Monster Dogs. Gelesen in der Ausgabe Hodder and Stoughton 1997. 291 Seiten. Erstausgabe Farrar Straus Giroux 1997. Derzeit lieferbar in der Ausgabe Fsg Classics 2017. Deutsche Ausgabe: Das Leben der Monsterhunde. Übersetzt von Sabine Schulte. Erste Ausgabe Hanser 1998, letzte Ausgabe Diana 2000. Beide Ausgaben sind nicht mehr lieferbar.

Das Zitat stammt von S. 5

Bakis war mit diesem Roman 1998 auf der Shortlist für den Orange Prize for Fiction. Dieser Beitrag ist Teil des Leseprojekts Women’s Prize for Fiction.

3 Gedanken zu “Kirsten Bakis: Lives of the Monster Dogs

  1. letteratura 24. Juni 2017 / 8:58

    Das ist wohl kein Buch für mich. Angesichts der noch zu lesenden Stapel auch nicht das Schlechteste 😉 Aber schöne, launige Besprechung! Viele Grüße!

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  2. dj7o9 24. Juni 2017 / 9:38

    Klingt abgefahren – das wäre ja echt was für unsere Reihe „Der Hund in der Literatur“ 🙂

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    • Marion 24. Juni 2017 / 9:40

      Oh stimmt! Das wäre perfekt dafür!

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