Essen aus Büchern: Bannocks aus T.C. Boyles „Wassermusik“

Heute gibt es Brot aus einem Buch, nämlich Bannocks. Mir war diese Brotsorte bisher völlig unbekannt, unter Outdoor-Enthusiasten scheint sie aber extrem beliebt zu sein – ich finde es ja Outdoor, wenn ich draußen lese. Sofort bin ich in einen regelrechten Glaubenskrieg zwischen nur Mehl und Wasser, unbedingt Hefe und auf jeden Fall Backpulver geraten. Was alle Varianten gemeinsam haben: Bannocks sind fladenförmige Brote, die in einer Pfanne gebraten werden. Ob mit oder ohne Fett kann man diskutieren, wenn man sich über die Zutaten einig geworden ist.

Mit diesen Fragen hält T.C. Boyle sich nicht auf. Bannocks backen ist die Aufgabe von Ailie, der Verlobten des Entdeckers Mungo Park in Wassermusik. Sie macht sie jeden Morgen für das Frühstück ihres Vaters und seines Assistenten Georgie Gleg. Letzteren soll Ailie nach dem Willen ihres Vaters heiraten, denn an eine Rückkehr Mungos glaubt langsam keiner mehr und Ailies Freundinnen sind schon fast alle unter der Haube. Bei einer dieser Hochzeiten leistete ihr Vater sich folgenden denkwürdigen Auftrit:

„Wenn ich mich nicht irre, ist es noch keine zwei Wochen her, da hast du der Braut die Füße gewaschen, Bannocks über ihrem Kopf zerbrochen, einen Humpen Whisky getrunken, auf ihrem Esstisch einen Highlander getanzt und dabei aus vollem Hals “Hey Tutti Tatie” gesungen“ (Kap. 56)

Die oben genannten Bannocks werden irgendwann in den 1790ern gebacken, was den Einsatz von etwas Backpulver-artigem unwahrscheinlich, den Gebrauch von Hefe aber möglich macht. Allerdings wird mehrfach darauf hingewiesen, wie traditionell Ailies Vater beim Essen ist, also soll er seinen Klassiker aus Mehl, Wasser und Salz haben. Ein Outdoor-Forum empfielt den Einsatz von Mehl und Wasser im Verhältnis 2:1. Das Ergebnis ist eine flüssige, zähe Masse, aus der man alles machen kann, aber keine Fladen. Am Ende musste ich so viel Mehl zufügen, dass das Verhältnis nahezu 3:1 gewesen sein dürfte. Aus dem Teig formt man Fladen, die in einer Pfanne bei mittlerer Temperatur gebacken werden, bis sie leicht gebräunt sind. Das dauert. Ich habe die Spülmaschine aus- und wieder eingeräumt, die Handtücher von der Wäscheleine genommen, das Bett abgezogen und die Fladen waren gerade so nicht mehr ganz weiß. Es ist überhaupt kein Wunder, dass Ailie diese Dinger vergisst und anbrennen lässt.

In einer Pfanne habe ich es mit Öl probiert, in einer ohne, was mir weniger lecker aber traditioneller erschien. Mit Öl geht es natürlich schneller und das Ergbnis ist ein bisschen wie platter, kompakter Lángos. Beide Varianten ergeben ein Produkt, das die spezifische Dichte von Blei hat, vermutlich kann man damit auch Zeltheringe in den Boden hämmern. Aber: sie sind auch erstaunlich lecker. Natürlich schmecken Bannocks nicht nach besonders viel, aber das tut Toastbrot auch nicht und mit Knoblauchbutter oder Sour Cream sind die Dinger echt gut.

Bannocks

Wie gesagt, das Rezept ist wirklich simpel:

Bannocks

  • 2 Tassen Mehl
  • 1 Tasse Wasser
  • 1 TL Salz

optional:

  • 1 TL Backpulver
  • Öl zum backen

Das Mehl in eine Schüssel geben, mit dem Salz und evtl. dem Backpulver vermengen. Vorsichtig das Wasser dazugeben; 1 ganze Tasse ist wahrscheinlich zu viel, also lieber erstmal die Hälfte rein und dann evtl. nachgießen. Den Teig kneten, bis er nicht mehr klebt und gut formbar ist. Wenn man Backpulver verwendet, sollte man dem Teig jetzt etwa 10 Minuten Zeit geben. Anschließend den Teig zu einem Fladen formen und in eine Pfanne legen. Bei beschichteten Pfannen kann man ohne Öl arbeiten, in einer nicht beschichteten braucht man unbedingt welches. Bei mittlerer Hitze den Fladen backen, bis er leicht braun wird, dann wenden und auch von der anderen Seite bräunen.

In der unzumutbar langen Zeit, die das braucht „Hey Tuttie Tatie“ lernen.


Das Zitat stammt aus der Hörbuchfassung von Wassermusik, 2015 erschienen beim Hörverlag.

 

5 Gedanken zu “Essen aus Büchern: Bannocks aus T.C. Boyles „Wassermusik“

  1. thursdaynext 3. Juni 2016 / 14:58

    „…ich finde es ja Outdoor, wenn ich draußen lese.“ Hihi, das fällt unter die Kategorie :Sätze die mir den Tag versüßen *GG* Ein wunderbares Rezept, stilistisch zumindest. Lockend ist es nicht. (siehe Konsistenz) , aber ich weiß jetzt wie ich notfalls die Zeltheringe in den Boden krieg. Danke dafür und wunderbares WE dir 😉

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  2. SätzeundSchätze 3. Juni 2016 / 19:35

    Köstlich! Also nicht das Rezept. Sondern der Beitrag 🙂 Bitte weitere Küchenexperimente literarischer Art zum Schmunzeln 🙂

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  3. Sam (Buchflimmern) 4. Juni 2016 / 13:01

    Danke für Hey Tutti Tatie/Taiti! Jetzt wüsste ich nur gerne, wie man dazu „einen Highlander“ tanzt … 🙂

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    • Marion 4. Juni 2016 / 18:12

      Ich glaube, dafür braucht’s den Humpen Whisky 🙂

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