David Foster Wallace: Schrecklich amüsant aber in Zukunft ohne mich

schrecklichamuesantIm Auftrag des Harper’s Magazine machte David Foster Wallace 1995 eine Kreuzfahrt an Bord der Zenith. Umgeben von lauter amüsierwilligen Kreuzfahrt-Veteranen findet er dort genau die Hölle vor, die er erwartet hatte. Von der ersten Minute an sträubt er sich gegen die organisierte Fröhlichkeit, das bemühte „sich etwas gönnen“ und die steifen Abendessen.

Nein, das ist kein objektiver Blick auf die Kreuzfahrtindustrie. Wallace weiß, dass er Kreuzfahrten hassen wird und will Kreuzfahrten hassen und will eine bösartige Reportage darüber schreiben. Er will Klischees erfüllt sehen und findet sie natürlich auch an allen Ecken und Enden. Wer eine differenzierte oder fundiert kritische Reportage über die Tourismus-Industrie lesen will, ist hier leider falsch.

Wer Lust auf ein bisschen unterhaltsame und kluge Boshaftigkeit hat, wird sicher viel Spaß mit diesem Buch haben. Gewarnt sei vor der Unmenge an Fußnoten und Fußnoten zu Fußnoten, die den Lesefluss gelegentlich einschränken, aber trotzdem Spaß machen. Ein gutes Buch für alle, die schon immer (begründet oder unbegründet) wussten, dass sie Kreuzfahrten schrecklich finden.


David Foster Wallace: Schrecklich amüsant aber in Zukunft ohne mich. Goldmann 2005. € 7,99, 192 Seiten. Deutsche Erstausgabe mare 2002. Übersetzt von Marcus Ingendaay. Originaltitel: A Supposedly Fun Thing I’ll Never do Again. Little, Brown and Co. 1997.

3 Gedanken zu “David Foster Wallace: Schrecklich amüsant aber in Zukunft ohne mich

  1. Merowinger 16. Januar 2016 / 12:22

    Ich liebe David Foster Wallace, Gott habe ihn selig. Im Grunde kann ich alles von ihm empfehlen, die großen Romane wären als Einstieg aber wohl etwas schwer verdaulich. Dieses Buch oder die Bände mit Kurzgeschichten kann ich aber bedenkenlos jedem ans Herz legen der gerne mal etwas außerhalb des „Mainstreams“ lesen will. Das mit den Fußnoten ist in den großen Romanen (Unendlicher Spaß, Der bleiche König) übrigens noch viel extremer.

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    • March Hare 16. Januar 2016 / 12:36

      Vor ein paar Tagen habe ich zufällig gesehen, dass „Unendlicher Spaß“ auf Platz 10 der goodreads-Liste „Most Difficult Novels“ steht – ich finde David Foster Wallace tatsächlich aber sehr lesbar. Man muss sich eben ein kleines bisschen Mühe geben, aber es lohnt sich.

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    • dj7o9 16. Januar 2016 / 13:57

      Gute Idee – bin noch ein Wallace Frischling und wollte eigentlich irgendwann mit dem Unendlichen Spaß beginnen, aber dann vielleicht doch lieber ein sanfter Einstieg …

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