Auch in Pratchetts Scheibenwelt ist Weihnachten ein ganz besonderer Tag – nur heißt er Hogswatch und die Geschenke werden vom Hogfather gebracht. Zumindest sonst ist das immer so und es muss auch so sein, denn sonst geht am nächsten Tag die Sonne nicht auf. Leider ist der Hogfather in diesem Jahr verhindert. Die Auditors of Reality haben beschlossen, etwas gegen den unsinnigen Glauben an ihn zu unternehmen und haben den Assassinen Teatime (sprich: Te – a – ti – me) auf ihn angesetzt. Damit der Glaube in dieser Nacht nicht schwindet, ist schnelles und entschlossenes Handeln gefragt. Mit beherztem Ho Ho Ho und künstlichem Bart kraxelt nun der Tod persönlich die Schornsteine der Scheibenwelt herunter, um die Geschenke zu bringen. Auch seine Enkelin Susanne hängt schneller in der Sache drin, als ihr lieb ist und muss ihren Teil dazu beitragen, den Glauben an Zahnfeen, Monster unter dem Bett und ähnliche Kreaturen am Leben zu erhalten.
„‚AND YOU MEAN THAT BECAUSE OF THIS THE POOR GET POOR THINGS AND THE RICH GET RICH THINGS?‘
’s right,‘ said Albert. That’s the meaning of Hogswatch.‘
Wie man es von Pratchett kennt, ist dieser Roman vollgepackt mit skurrilen Figuren, schrägen Ideen und absurden Szenen. Und er ist, so kam es zu mir zumindest vor, vergleichsweise brutal. Das liegt sicher nicht zuletzt an Mr. Teatime, der selbst für einen Assassinen verrückt ist und schneller sein Messer zuckt, als der Tod zur Stelle sein kann. Allerdings schlägt der Roman auch kritischere Töne an. Gerade bei der Verteilung von Geschenken fragt sich der Tod, der ja nun selbst nie seinen Strumpf für den Hogfather aufgehängt hat, schon das ein oder andere mal, ob das wirklich alles so gerecht ist. Hin und wieder beschließt er auch, eine kleine Umverteilung vorzunehmen und den Armen eine Freude zu machen. Währenddessen lässt er allerdings kein gutes Haar am überheblichen und selbstgefälligen Wohltätigkeits-Gehabe, das einige Charaktere zur Schau stellen. Ausnahmsweise freuen die Menschen sich, den Tod zu sehen und das will er in dieser einen Nacht voll auskosten.
Es ist so lange her, dass ich einen Scheibenwelt-Roman gelesen habe, dass ich überhaupt nicht mehr sagen kann, ob ich Hogfather vergleichsweise gut oder schlecht fand. Unterhaltsam und kurzweilig war er auf jeden Fall, wobei ich es hin und wieder auch ermüdend fand, dass immer noch eine Wendung und noch ein skurriler Einfall kommen musste. Manchmal hätte mir ein deutlicheres Verfolgen der Haupthandlung ganz gut gefallen. Nun ist Hogfather ja aber nicht nur ein Scheibenwelt-Roman, sondern auch ein Weihnachts-Roman und da schneidet er ganz hervorragend ab. Weitab vom üblichen Kitsch und Versöhnungs-Litaneien, die man sonst oft in der Feiertagslektüre findet, überrascht dieser Roman mit ungewöhnlichen und kritischen Perspektiven auf den überstrapazierten Christmas Spirit und hält ihn dennoch hoch. Nun gut, ein bisschen Kitsch gibt es natürlich schon, aber das ist wohl unvermeidbar beim Kampf um einen kindlichen Glauben und darum, dass am nächsten Tag die Sonne wieder aufgeht.
Terry Pratchett: Hogfather. Gelesen in der Ausgabe Corgi 1997. 444 Seiten. Erstausgabe Victor Gollancz 1996. Eine deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst ist unter dem Titel Schweinsgallopp bei Goldmann lieferbar. Und wer an Weihnachten lieber guckt als liest: Der Roman ist auch verfilmt worden.
Das Zitat stammt von S. 280.
Eine schöne Buchvorstellung!
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In der Verfilmung wird Susan übrigens von Downton Abbey-Michelle Dockery gespielt, falls dir das was sagt 🙂
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Stimmt 😀 Das ist mir beim Trailer gucken gar nicht aufgefallen.
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