Autor*innen setzen Essen in Büchern höchst unterschiedlich ein. Bei vielen spielt es überhaupt keine Rolle, andere zählen ins Detail alles auf, was sie ihren Romanfiguren vorsetzen. Häufig wird es eingesetzt, um eine Klassen- oder Gruppenzugehörigkeit zu verdeutlichen. E. Annie Proulx geht damit in Accordion Crimes in die Vollen. Der Roman folgt einem Akkordeon, das durch die Hände vieler Menschen, vor allem Menschen mit Einwanderungsgeschichte in den USA geht. Neben der Musik ist vor allem ihre traditionelle Küche ein heimatlicher Anker und jede Gruppe, die Proulx beschreibt hängt an ihren Küchenklassikern, die wieder und wieder aufgelistet werden, für die Polen, die Italiener, die Deutschen, die Mexikaner. Ob es ein Essen aus diesem Buch geben wird, war also gar nicht die Frage. Ich musste mich nur entscheiden. Meine Wahl ist auf Tamale Pie gefallen, zum einen, weil es ein sehr schönes Beispiel für eine Küche ist, die der neuen Heimat angepasst wird, zum anderen weil es eines der wenigen Gerichte ist, die nicht nur in einer Liste auftauchen. Der Tamale Pie hat einen ganzen eigenen Satz!
„Down the street stood a wreck of an old tamale stand, the remnant of a failed franchise from the 1920s in the shape of a giant tamale, the stucco sloughing off, faded signs drooping: HAMBURGERS AS YOU LIKE’EM. TAMALE PIE.“
Kurz nachdem er erwähnt wird, ist der Tamale-Imbiss auch schon Geschichte, ersetzt durch einen Friseur-Salon, der bald Teil einer ganzen Siedlung mexikanischer Migrant*innen wird. Darunter natürlich auch ein Akkordeonist. Auch wenn der Pie dem Imbiss am Straßenrand kein Glück gebracht hat, hab ich ihn mal ausprobiert. Und so geht’s:
Tamale Pie für vier
für die Füllung:
- 400 g Rinderhackfleisch
- 2 EL Pflanzenöl
- 1 Paprikaschote
- 1 Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 2-3 Chilischoten gewünschter Schärfe
- 1 Dose gehackte Tomaten
- 1 Maiskolben, gekocht (oder Mais aus der Dose)
- 1/2 TL getrockneter Oregano
- 1/2 TL Kreuzkümmel
- Salz
- Chilipulver
für den Teig:
- 250 g Maismehl
- 360 ml Buttermilch + 2 EL zum Bestreichen
- 2 EL Pflanzenöl
- 2 TL weiche Butter
- 1 Ei
- 1/2 TL Salz
- 1 TL Backpulver
- 150 g geriebener Cheddar
Die Maiskörner vom Kolben lösen. Paprika und Zwiebel in kleine Würfel schneiden, die Chilischoten und die Knoblauchzehe fein hacken.
Den Ofen auf 200°C Ober-/Unterhitze vorheizen.
In einer Pfanne das Öl erhitzen und das Hackfleisch darin anbraten. Das gare Fleisch an den Rand der Pfanne schieben und in der Mitte das Gemüse etwa 5 Minuten anschwitzen. Anschließend mit den gehackten Tomaten ablöschen. Gewürze zugeben und ca. 20 Minuten köcheln lassen.
In der Zwischenzeit den Teig herstellen. Dafür alle Zutaten außer dem Käse in eine Schüssel geben und gründlich verrühren. Anschließend den geriebenen Käse unterheben.
Die fertige Hackfleisch-Gemüse-Mischung in eine Auflaufform geben und die Teigmasse gleichmäßig darauf verteilen. Mit 2 EL Buttermilch bestreichen. Den Tamale Pie ca. 25-30 Minuten backen, bis die Oberfläche goldbraun ist.
Der Tamale Pie ist besser als ich erwartet hätte. Vor allem ist er leicht und, wenn das Gemüse erstmal geschnitten ist, auch schnell gemacht und es ist auch kein Problem, größere Mengen zu machen. Durch den sehr neutralen „Deckel“ aus Maismehl kann man, was die Schärfe der Fleischmasse angeht, ruhig mutig sein, das gleicht sich am Ende sehr gut aus.
das Zitat stammt aus: Annie E. Proulx: Accordion Crimes. Scribner 1997. S. 120.
Mehr Essen aus Büchern gibt es auf schiefgegessen.