Essen aus Büchern: Muffins aus Virginia Woolfs „Orlando“

Orlando erlebt im gleichnamigen Roman mehr als drei Jahrhunderte, darunter auch das 19., in dem Muffins besonders populär sind. Nicht die nette, fluffige Art Kuchen mit Blaubeeren und Schokolade,  sondern sehr vernünftiges, bodenständiges Brot, das aussieht wie das, was man hier als Toasties kaufen kann und vor allem zum Frühstück gegessen wird. Gegessen hab ich Muffins schon öfter und ich mag sie auch sehr gern, nur bin ich noch nie auf die Idee gekommen, selbst welche zu backen.

Der Name geht wohl auf das Französische „moufflet“, „weich“ zurück. Um Verwechslungen zu vermeiden wird die hier gebackene Variante außerhalb Großbritanniens oft auch als „English Muffin“ bezeichnet. Die deutlich süßeren und höheren Kuchen wurden in den USA entwickelt.

Zum Verzehr sei gesagt, dass man die Muffins offenbar nicht schneiden darf sondern mit einer Gabel oder mit den Fingern aufspaltet, was ich mein Leben lang falsch gemacht habe. Das Schneiden, so steht es im Oxford Companion to Food, macht die Muffins schwer, während die Gabel-Methode in Kombination mit Butter dazu führt, dass das Innere „wie eine Honigwabe“ wird, so zumindest versprach es Hannah Glasse 1747.

Orlando werden die Muffins serviert, als sie nach sehr langer Zeit erstmals wieder ihren Landsitz besucht und von der Haushälterin Mrs Bartholomew begeistert empfangen wird, die selbstverständlich Tee vorbereitet hat:

‚The muffins is keepin‘ ‚ot,‘ said Mrs Bartholomew, mopping up her tears, ‚in the liberry.‘

(Mrs Bartholomew hat einen sehr deutlichen Cockney-Akzent, die Muffins stehen in der Bibliothek.)

Die Muffins isst man am besten frisch und warm, man kann sie aber auch problemlos toasten, wenn man sie zu einem späteren Zeitpunkt essen will.

Besonders gefreut hat mich übrigens, dass ich mit diesem Rezept einem Kollegen helfen konnte, der nur die süße Variante kannte und sich seit Jahren fragte, warum William Shatner in seiner Autobiographie Muffins toastet.

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Für 8 Muffins braucht man:

  • 300 g Weizenmehl (und ein bisschen mehr für die Arbeitsfläche)
  • 20 g frische Hefe
  • 1 gehäufter TL Salz
  • 15 g Zucker
  • 15 g weiche Butter
  • 1 Ei Größe M
  • 170 ml Milch, Zimmertemperatur
  • Speiseöl
  • 15 g Grieß

Außerdem ein Ausstecher mit ca. 8 cm Durchmesser, ein Glas o.ä. dieser Größe tut es natürlich auch.

Mehl, Hefe, Zucker, Butter, das Ei und die Milch in eine Schüssel geben und etwas vermengen, erst dann das Salz zugeben. Anschließend zu einem glatten Teig verarbeiten. Das ist in diesem Fall eine ziemlich klebrige Angelegenheit. Eine Stunde abgedeckt an einem warmen Ort gehen lassen, es hilft sehr, wenn man die Schüssel vorher mit etwas Öl leicht fettet. Am Ende sollte der Teig in etwa die doppelte Größe haben.

Auf einem Backblech oder einem großen Schneidebrett Backpapier auslegen und mit der Hälfte des Grieß bestreuen. Den Teig zu einer etwa 1,5 cm dicken Platte ausrollen und Kreise ausstechen. Was dabei übrig bleibt, vorsichtig zusammenfalten und erneut ausrollen, bis (fast) aller Teig verarbeitet ist. Die Muffins auf das Backpapier legen, die andere Hälfte Grieß darüber streuen und abgedeckt weitere 30 Minuten gehen lassen.

In einer Pfanne ein wenig Öl auf sehr niedrige Temperatur erhitzen, ich habe Stufe 2 von 6 genommen. Die Muffins gehen in der Pfanne auch nochmal stark auf und wenn man eine zu hohe Hitze nimmt, läuft man Gefahr, dass man am Ende braune Muffins mit rohem Innenleben hat. Die Muffins in der Pfanne ausbacken. Das Rezept, das ich hatte, behauptet 5 Minuten pro Seite reichen, meine haben fast 10 pro Seite gebraucht. Am Ende sollten die Muffinsseiten braun sein und ein helles „Band“ in der Mitte des Muffins.

Die fertigen Muffins auf einem Gitter auskühlen lassen oder, viel besser, gleich essen. Ich will mich nicht selber loben, aber die Dinger sind so mega geworden, dass ich nie wieder Toasties kaufen kann. Pro-Tipp: aufreißen, Butter auf einer Hälfte verteilen und gleich wieder zuklappen und eine Minute warten. Dann schmilzt die Butter in den Teig und das Ergebnis ist unschlagbar.


Das Roman-Zitat stammt aus Virginia Woolf: Orlando. Canongate 2012. p. 194.

Alles Historische zum Muffin habe ich aus Alan Davidson: The Oxford Companion to Food, Oxford UP 1999. p. 517.