What is Love? – „Entromantisiert euch!“ von Beatrice Frasl

Die wahre Liebe sollte man tunlichst außerhalb romantischer Beziehungen suchen, rät die Autorin Beatrice Frasl. Lebenslange Beständigkeit und Unterstützung sieht sie an anderer Stelle, vor allem in den Beziehungen mit unseren Freund*innen.

Ach, die Liebe. Was wären wir ohne sie? Einsam wären wir! Deshalb suchen wir unsere große Liebe und heiraten sie und sind dann immer glücklich. So happy together.

Dafür, dass das nicht stimmt, haben wir nun wirklich alle eintausendvierhundert Beispiele aus dem eigenen Leben oder von Bekannten, Familie, Freund*innen, Kolleg*innen, der Klatschpresse. Die romantische Liebe ist kein ruhiger Hafen, der uns sanft auf den Wellen von Geborgenheit und Zuneigung schaukelt, auch wenn wir uns das wünschen und auch, wenn es einem stetig so verkauft wird. Die Ehe schützt, so Frasl, nicht vor der Einsamkeit, sie erhöht im Gegenteil das Risiko für Einsamkeit, und das besonders für Frauen. Denn man neigt dazu, die romantische Liebe zu zentrieren, diese eine Beziehung zur wichtigsten im ganzen Leben zu machen und alle drumherum zu degradieren zur Beziehung höchstens zweiter Klasse. Gerade Frauen sind, wenn sie längere Zeit ohne Partnerschaft leben, oft sozial besser eingebunden und haben mehr und engere Kontakte zu Freund*innen, Kolleg*innen und anderen Kreisen.

Das ist ja auch das stabilere Netz, wenn man sich mal so die Statistik anguckt. Viele Menschen haben Freundschaften, die sie tragen und begleiten vom Sandkasten bis ins hohe Alter. Cousinen, die einem immer zur Seite stehen. Geschwister, die einen in jeder Lebenslage unterstützen. Und dann soll irgendwer, den man besoffen auf dem Schützenfest kennengelernt hat, plötzlich die große Liebe sein? Die erste wahre vielleicht sogar? Der Rest „nur“ Freund*innen? Bisschen unfair.

„Dieses Buch wird darlegen, was wir durch das Romantikprimat alles verlieren, was uns die romantische Liebe und die Ideologie, die sie als zentralen Orientierungspunkt in unser Leben presst, rauben: unsere tragendsten Beziehungen etwa, indem sie uns in Paarbeziehung und Kleinfamilie hinein vereinzelt. Sie nimmt uns eine Sprache, um über Liebe und Beziehung abseits der Romantik zu sprechen.“

– S. 18

Frasl knöpft sich die romantische Liebe vor und argumentiert, warum sie für Frauen ganz oft die schlechtere Wahl ist. Sie untermauert mit Statistiken wo es nötig ist, erspart einem aber trockene Zahlenwüsten und ruft zu einem radikalen Umdenken in Bezug auf die Liebe auf. Sie sieht in den romantischen Zweierbeziehungen, wie wir sie heute führen, ein patriarchales Konstrukt, das zum Vorteil von Männern ausgestaltet wurde und für Frauen vor allem einen Haufen Nachteile bedeutet. Sie werden vereinzelt, sie werden Haushaltshilfen, Pflegerinnen, Kindermädchen, Köchinnen, sie werden nicht selten das Opfer von Gewalt. Das hat mindestens schon de Beauvoir angekreidet, nun aber gibt es neue Hoffnung für Frauen, seit sie selbst Konten eröffnen können und nicht mehr die Unterschrift ihres Mannes unter dem Arbeitsvertrag brauchen. Und tatsächlich stellen immer mehr fest: Ohne romantische Beziehung lebt es sich sehr gut.

Ein Leben außerhalb einer romantischen Zweierbeziehung ist eben nicht zwingend ein Leben ohne Liebe und kein Leben in Einsamkeit. Warum das so ist und wie es auch sein kann, stellt Frasl in ihrem „Weckruf“ dar und ruft auf zu einer Abwendung vom romantischen Hoheitsanspruch und einer Offenheit für andere Liebe und sozialen Netzen, die einen wirklich immer tragen. Ihre Argumentation ist konzise und auch, wenn ich ihr nicht in allen Punkten folgen würde, ist Entromantisiert euch ein klug geschriebenes und fundiertes Buch, das gute Denkanstöße liefert über die Menschen in unseren Leben und der Bedeutung, die wir ihnen geben.


Beatrice Frasl: Entromantisiert euch! Ein Weckruf zur Abschaffung der Liebe.
Haymon 2025, 279 Seiten.

878-3-7099-8251-8


2 Antworten zu „What is Love? – „Entromantisiert euch!“ von Beatrice Frasl”.

  1. Avatar von Christoph

    Jetzt habe ich einen Ohrwurm!

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    1. Avatar von schiefgelesen

      In dem Buch ist fast jedem Kapitel ein Song-Zitat vorangestellt. Es ist wirklich ganz furchtbar.

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