Dieses Gericht war wirklich nicht ganz leicht. Denn Bratwurst mit Pfeffernußsauce bzw. Lebkuchensauce konnte ich nur als schlesisches Weihnachtsessen finden, inkl. der entsprechenden Gewürze. Schwer vorzustellen, dass Demoiselle Buddenbrook, bei allen fixen Ideen, die sie sonst so hat, in der Sommerfrische ausgerechnet nach einem Weihnachtsessen verlangt. Die Sommerfrische verbringt sie in Travemünde, es ist eine schöne und unbeschwerte Zeit und ihr letzter glücklicher Sommer. Das weiß sie da aber noch nicht.
„Tony sonnte sich, sie badete, aß Bratwurst mit Pfeffernußsauce und machte weite Spaziergänge mit Morten“
Ich habe auch mehrere Menschen gefragt, die aus der Gegend um Lübeck/Travemünde kommen und keiner von denen kannte Pfeffernußsauce zu Bratwurst und die meisten machten auch nicht den Eindruck, daran etwas ändern zu wollen. Rettung kam von Seiten eines Biofleischproduzenten, der auf seiner Seite ein Rezept für eine Biersauce vorstellt und darauf hinweist, dass in Norddeutschland oft auch Lebkuchen dafür verwendet wird. Auf der Grundlage habe ich weiter gemacht und am Ende ein Rezept zusammengebastelt.
Die Sauce klingt ja reichlich absurd, das liegt allerdings wohl daran, dass man Pfeffernüsse oder Lebkuchen ja in der Regel als süßes Gebäck kennt. Für diese Sauce allerdings braucht man Speisepfeffernüsse bzw. Soßenlebkuchen, die keine Glasur haben und mit nur wenig Zucker gebacken werden. Vom Geschmack her ähneln die holländischem Frühstückskuchen (Ontbijtkoek), falls jemand das zweifelhafte Vergnügen mal hatte.
Bratwurst mit Pfeffernußsauce für 4 Personen:
- 4 weiße Bratwürste
- 300 ml Gemüsebrühe
- 300 ml Malzbier
- 1 Zwiebel
- 1 Lorbeerblatt
- 1 TL Pfefferkörner, leicht zerstoßen
- 1 TL Pimentkörner, leicht zerstoßen
- 1 EL Apfelessig
- 60 g Soßenkuchen
- 1 EL Butter
- 1 EL Speiseöl
- Salz
Die Zwiebel in Ringe schneiden. In einem Topf Brühe und Malzbier vermischen, Zwiebel und Gewürze zugeben. Die Mischung zum Kochen bringen und 1 EL Apfelessig zugeben. Etwa 5 Minuten köcheln lassen, anschließend den Topf vom Herd nehmen.
Den Soßenkuchen fein reiben oder in sehr dünne Scheiben schneiden und in eine Schüssel geben. Etwa 70 ml der noch warmen Brühe über ein engmaschiges Sieb zum Soßenkuchen geben und zu einer Paste verrühren. Abgedeckt beiseite stellen.
Die Bratwurst mit einer Gabel mehrfach einstechen und in der übrigen Brühe marinieren lassen, mindestens zwei Stunden, gerne länger. Ggf. zwischendurch mal wenden. Anschließend die Bratwurst entnehmen, abtropfen lassen und trocken tupfen.
Den Ofen auf 50°C vorheizen. In einer Pfanne Butter und Öl auf etwa mittlere Temperatur erhitzen. Die Würste darin braten, bis sie von allen Seiten braun sind. Die Würste aus der Pfanne nehmen und abgedeckt im Ofen warm stellen.
Das Fett in der Pfanne etwas auskühlen lassen. Dann die Brühe durch ein engmaschiges Sieb in die Pfanne gießen und gut umrühren, damit der Bratensatz sich löst. Den eingeweichten Lebkuchen zugeben und ebenfalls unterrühren. Die Sauce aufkochen und etwa um die Hälfte einreduzieren lassen, bis die Sauce die gewünschte Konsistenz hat. Evtl. noch mit Salz abschmecken.
Auf einem Teller die Bratwürste mit der Sauce übergießen. Ich habe keine Ahnung, was Tony Buddenbrook zu ihrer Wurst bekommen hat. Als Beilage habe ich sowohl Graubrot als auch Salzartoffeln ausprobiert, letzteres funktioniert vor allem mit der Sauce zusammen sehr gut.
Was soll ich sagen – es ist großartig. Ich war ja sehr skeptisch, spätestens als ich diese traurige braune, aufgeweichte Pampe gesehen habe, die mal Lebkuchen war. Aber gäbe es das wirklich an der Wurstbude, am Strand in Travemünde oder sonstwo, ich wäre sofort Fan. Übrigens schmeckt die Sauce weit weniger weihnachtlich, als ich mir das gedacht hätte. Tolles Essen!
Das Zitat stammt von S. 133 von Thomas Mann: Buddenbrooks. Fischer 2004.
Das Rezept für die Sauce habe ich auf den Seiten von mycow gefunden. Ich danke für die Inspiration.
Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Essen aus Büchern“, die ihr auch auf schiefgegessen findet.
Klingt abenteuerlich… aber wenn es Tony Buddenbrook und Dir schmeckt, muss wohl was dran sein!
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Na wenn es vornehm genug ist für Tony Buddenbrook, dann kann es für uns ja nur ein Festmahl sein.
Ich fand die Soße aber wirklich toll und habe sie auch schon zu anderen Sachen gemacht. Mittlerweile ist leider mein Soßenkuchen leer und die mir bekannte Quelle in der Stadt versiegt. Bei Gelegenheit muss ich mal wieder danach umsehen.
Die Nachahmung kann ich in diesem Fall wirklich ausdrücklich empfehlen!
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Ja, einen Soßenkuchen aufzutreiben dürfte tatsächlich die erste große Herausforderung dabei sein 🙂
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Wenn ich Buddenbrooks höre, muss ich immer daran denken, wie entsetzt Herr Permaneder über das norddeutsche Essen mit Rosinen und Früchten ist. Würde mir bei solchen Gerichten nämlich ähnlich gehen, ich mag auch kein Obst in Hauptgerichten 😉
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Teile meiner norddeutschen Familie hauen sich auch Berge von Apfelmus auf jedes Essen. Absolut jedes. Auch das ewige Rosinenbrot mit allem, inkl. Wurst und Käse, konnte ich mir nie angewöhnen. Andererseits hat sich meine Saarländer Oma auch immer Marmelade aufs Leberwurstbrot geschmiert. Dem konnte ich auch nichts abgewinnen.
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Ich bin zwar Saarländerin, aber diese Kombination ist mir glücklicherweise unbekannt 😉
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