Jürgen Goldstein: Blau – Eine Wunderkammer seiner Bedeutungen

Als ein Flaneur will Jürgen Goldstein sich in seinem Buch dem Blau nähern und „eine Wunderkammer seiner Bedeutungen“ öffnen. Eine Wunderkammer, so führt er aus, war eine Sammlung von Fundstücken, die der Besitzer für schön, bemerkenswert oder bewahrenswert hielt. Im Gegensatz zum Museum stand dahinter nicht der Anspruch einer geordneten, katalogisierten Sammlung, die den Besucher systematisch informiert und bildet. So ist auch Goldsteins Herangehensweise. Er betrachtet verschiedene Blaus in Kunst und Kultur, ohne dabei aber den Anspruch zu haben, eine vollständige Kulturgeschichte zu verfassen. Die Auswahl seiner Fundstücke ist zudem gänzlich subjektiv und unterliegt keinen definierten Kriterien.

Goldstein_Blau

Goldstein schreibt über Blue Notes ebenso wie Yves Kleins patentiertes Blau und die Entwicklung der Blue Jeans. Er berichtet von der Restaurierung von Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“ und der Blauen Blume und natürlich darf auch Goethes Farblehre nicht fehlen. Auch der religiöse Aspekt der Farbe wird behandelt, sowohl im Christentum als auch in anderen Weltreligionen. Goldsteins Auswahl ist angenehm offen und vielfältig, dafür müssen aber auch wichtige Blaus außen vor bleiben, wie der Autor selbst auch anmerkt. Das Buch ist sehr informativ und kurzweilig geschrieben und man entdeckt, wie es in einer Wunderkammer ja auch sein soll, einige überraschende Fundstücke, die man sonst vermutlich übersehen hätte. An einigen Stellen allerdings erschien mir der Bezug zum Blau ein wenig sehr weit hergeholt.

So ist beinahe ein ganzes Kapitel Jim Morrison und den Doors gewidmet, weil der Autor immerhin eine Zeile in einem Song gefunden hat, in der das Wort blue auftaucht. Auch der Mond kriegt ein eigenes, wenn auch kurzes Kapitel, das seine einzige Berechtigung daraus bezieht, dass es den Begriff blue moon gibt, der den seltenen zweiten Vollmond in einem Kalendermonat bezeichnet. Ein weiteres, sehr kurzes Kapitel, handelt vor allem von Woolfs Roman Mrs. Dalloway, weil es darin auch um Königin Victoria geht, die auch auf der Blauen Mauritius ist. Die Geschichte der Blauen Mauritius ist aber immerhin interessant und war mir noch nicht bekannt. Auch die übrigen Texte waren, trotz mir nicht ganz schlüssigem Bezug, durchaus lesenswert.

„Lässt man sich auf das Blau und seine Bedeutungen ein, bekommt man es mit einer Fülle an Fundstücken zu tun, die anders als flanierend kaum zu bewältigen sind.“

Das Buch ist ein unterhaltsamer und interessanter Streifzug durch eine blaue Welt, also genau das, was der Autor beabsichtigt und angekündigt hatte. In einigen Teilen fand ich den Stil allerdings sehr weitschweifig, vor allem im Vor- und Nachwort. Im Vorwort fand ich das sogar so störend, dass ich arge Zweifel daran hatte, ob mir das Buch gefallen würde. Es wird danach aber besser, das sei allen gesagt, denen es ebenso geht. In Kombination mit der sehr schönen Ausstattung des Buchs ist Blau ein durchaus empfehlenswertes und kurzweiliges Buch über diese ganz besondere Farbe.


Jürgen Goldstein: Blau. Eine Wunderkammer seiner Bedeutungen. Matthes & Seitz 2017. 233 Seiten.

Das Zitat stammt von S. 12.

3 Gedanken zu “Jürgen Goldstein: Blau – Eine Wunderkammer seiner Bedeutungen

  1. soerenheim 28. August 2018 / 12:15

    Und warum ausgerechnet Blau? Wird das auch erklärt?

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    • Marion 28. August 2018 / 20:25

      Bestimmt. Ich erinnere mich aber nicht exakt daran und es war auch eher eine Erklärung, warum blau wichtig ist in der Kulturgeschichte, aber nicht warum es wichtiger ist als rot oder gelb oder sonstwas. Die Erklärung erschien mir aber zumindest schlüssig. Vielleicht mag der Mann blau sehr gern.

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