Mitten in einer Winternacht erstickt Bigfoot, einer von nur drei Einwohnern eines winzigen Weilers in Polen, an einem Knochen. Er ist der Erste von vielen Toten, die in den nächsten Monaten folgen werden und allesamt, da ist die Erzählerin des Romans sich sicher, von Tieren getötet wurden.

Im Winter leben nur drei Menschen in dem kleinen Weiler auf der Hochebene, gleich an der tschechischen Grenze. Eine von ihnen und Erzählerin des Romans ist Janina Duszejko. Eines Tages wird sie frühmorgens aus dem Schlaf gerissen und erfährt, dass es jetzt nur noch zwei Menschen hier auf der Hochebene gibt. Ihr verhasster Nachbar Bigfoot liegt tot in seiner chaotischen Küche, erstickt am Knochen eines Rehs. Geschieht ihm Recht, findet die Erzählerin, sagt es aber nicht laut. Bigfoot war ein mürrischer Einzelgänger und ein Wilderer noch dazu, was ihn in ihren Augen zum Mörder macht. Dass er nun ausgerechnet an diesem Knochen erstickt ist, bringt in ihren Augen einfach nur ein wenig mehr Gerechtigkeit in die Welt.
Bigfoots Tod scheint erst der Anfang einer tierischen Vendetta zu sein. Ein korrupter Kommissar wird tot im Wald gefunden, in seinem Hosenbund zwei Bündel Schutzgeld und um ihn herum jede Menge Rehspuren im schmelzenden Schnee. Der Pelztier-Farmer Wnętrzak verschwindet und wird Monate später unweit seiner Fuchsfarm gefunden – gestorben in einer Drahtschlinge. Janina ist sich sicher, dass die Tiere hinter dieser Reihe grausamer Morde stecken, doch mehrere diesbezügliche Schreiben an die Polizeidirektion verhallen ungehört und unbeantwortet. Ihre Freunde raten ihr, die Sache auf sich beruhen zu lassen, bevor man sie endgültig für bekloppt hält.
Doch Janina ist nicht bekloppt. Sie kennt die Hochebene und ihre Tiere und sie kennt das Schicksal der Menschen, denn sie ist Astrologin. Wer weiß, wann und wo ein Mensch geboren ist, der kann auch berechnen, wann und wo er sterben wird. Und wenn man die Sterne nur gut genug kennt, dann kann man auch berechnen, wie jemand stirbt. Deshalb ist sie bei keinem der Todesfälle erstaunt. Sie folgen einfach der kosmischen Gesetzgebung.
Mit Janina Duszejko schafft Tokarczuk eine außergewöhnliche und nicht ganz einfache Protagonistin. Sie ist verschroben, das kann man anders kaum sagen, aber ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und ihr Pragmatismus machen sie zu einer durchaus sympathischen Erzählerin. Sie weiß, dass man sie kaum Ernst nimmt, als ältere Frau, die in zu großen Klamotten herumläuft, an einer komplizierten Krankheit leidet und verbissen um Tierrechte kämpft. Aber es ist ihr egal – sie hat ihren Platz in der Welt gefunden, in ihrem kleinen Haus im Wald, in dem sie nichts anderes macht als Horoskope zu berechnen, einem Freund mit einer Blake-Übersetzung zu helfen und sich winters um die Häuser ihrer Nachbarn zu kümmern, die allesamt nur im Sommer hier herauf kommen. Sie lebt nach ihren eigenen Regeln und eine davon lautet, dass sie allen Menschen Vornamen gibt, die ihr passend erscheinen. Denn die meisten Menschen haben, so ist sie überzeugt, völlig willkürlich vergebene und unpassende Namen. Vielleicht findet sie das aber auch vor allem, weil sie ihren eigenen Vornamen grässlich und unpassend findet.
Die einstige Brückenbauingenieurin hat einen pessimistischen Blick auf die Menschen, bei denen sie einen zunehmenden Mangel an Empathie und Rücksichtnahme beobachtet. Zugleich aber blickt sie nachsichtig und fast zärtlich Blick auf die Gemeinschaft und ihre Individuen, die doch alle nur verzweifelt um ihren Platz in der Welt kämpfen und dabei von den Sternen gelenkt werden. Wer aber gegen ihren Gerechtigkeitssinn verstößt und grausam wird gegen Mensch oder Tier, dem ist ihr ewiger Zorn sicher.
Tocarczuk erzählt empathisch, humorvoll und detailreich vom Leben mitten im Wald und am Rande der Gesellschaft. Sie schafft ein skurriles Figurenkabinett das sich dort versammelt und langsam zu einer eingeschworenen, in tiefer Freundschaft verbundenen Gemeinschaft heranwächst. Die Todesfälle bringen noch ein bisschen Kriminalistik in den Roman, ein ernsthafter Krimi aber ist er nicht und will es auch nicht sein. Tokarczuk erzählt lieber von Blake und seiner Mystik, Tieren, die Grenzen überschreiten und den Sternen, die über all dem unser Schicksal entscheiden.


