Drei ausgezeichnete Verlage – Deutscher Verlagspreis 2020

Vor einer Woche wurde bekanntgegeben, welche 66 Verlage sich dieses Jahr über den Deutschen Verlagspreis freuen dürfen. Dieser wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vergeben, in Zusammenarbeit mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Kurt Wolff Stiftung, einem Zusammenschluss unabhängiger Verlage. Drei dieser Verlage wurden nun noch einmal gesondert ausgezeichnet. Dieses Prädikat wird für herausragende Qualität, Nachhaltigkeit und Innovationskraft vergeben und ist mit je 60.000 Euro dotiert, was ja auch gerade derzeit ein willkommener Zuschuss zur Verlagsarbeit sein dürfte. Auch die anderen ausgezeichneten Verlage erhalten übrigens ein Preisgeld von je 20.000 Euro bis auf diejenigen unter ihnen, deren Umsatz in den vergangenen Jahren über 3 Millionen Euro lag.

In diesem Jahr wurde der Architektur-Verlag Dom Publishers sowie die eher literarisch ausgerichteten Verlage Liebeskind und Matthes & Seitz ausgezeichnet. Grund genug, sich im Verlagsprogramm der drei nochmal etwas genauer umzusehen.

lk_logo2  Der 2010 gegründete Münchner Verlag Liebeskind dürfte sich, neben der Anerkennung für die hervorragende Arbeit, sicher besonders über die Finanzspritze freuen. Aufgrund der angespannten Situation erscheint dort im Herbstprogramm nur der Spitzentitel von Yoko Ogawa, alle weiteren Projekte mussten auf das nächste Frühjahr verschoben werden.

Im Verlag erscheinen zahlreiche Übersetzungen, darunter ganz altbekannte Namen wie Philip K. Dick und etablierte Größen wie Ottessa Moshfegh, aber auch Neuentdeckungen wie die überhaupt nicht genug gefeierte Lisa McInerney (wirklich – sie ist großartig). Im Verlag erscheinen auch zahlreiche Krimis, die aber immer in erster Linie einem literarischen Anspruch genügen müssen.

msb20matthes202620seitz20berlin_logoDer 2004 in Berlin gegründete Verlag Matthes und Seitz ist sicher den meisten schon mal untergekommen. Besonders die Reihe Naturkunden, die mittlerweile fast 70 Bände umfasst, erfreut sich anhaltender Beliebtheit. Illustriert von Judith Schalansky und aufwendig ausgestattet werden in dieser Reihe Tiere, Pflanzen und andere Naturthemen literarisch porträtiert.

Dieses Thema ist dem Verlag so wichtig, dass er sich an einem Preis zum deutschsprachigen Nature Writing beteiligt, ein bisher sensationell vernachlässigtes Genre. Im literarischen Bereich liegt ein Schwerpunkt auf der französischen und russischen Literatur, aber auch meine große Autorenliebe Frank Witzel veröffentlicht bei Matthes & Seitz und bescherte dem Verlag 2015 den Deutschen Buchpreis mit Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch depressiven Teenager im Sommer 1968, das ich nach wie vor vorbehaltlos empfehlen kann.

header-logoEinen ganz anderen Schwerpunkt setzt der 2005 gegründete Berliner Architekturverlag Dom. Das Sortiment richtet sich in erster Linie an Architekt*innen, die dort Bände zum Bau spezieller Gebäude finden sowie Beiträge zu spezifischen Aspekten der Architektur. Auch für architekturbegeisterte Laien interessant sind die Monografien zu Themen wie Baumhäusern oder Ästhetik des Plattenbaus, die allerdings nicht nur netter Bildband, sondern auch wissenschaftlicher Beitrag sein wollen. Besonders interessant für die meisten allerdings dürften die ambitionierten Architekturführer sein, mit deren Hilfe man eigene und fremde Städte von Aarhus bis Yerevan entecken kann.

Über gute Texte und mühsame Wege – Longlist-Autorin Sabine Huttel im Interview

Wie ich in der letzten Woche schon bekanntgegeben habe, ist „mein“ Beitrag für den Blogbuster der Roman „Ein Anderer“ von Sabine Huttel. Seitdem ist noch eine sehr schöne Rezension von Constanze Matthes bei Zeichen&Zeiten erschienen, Sabine bereitet eine erste Lesung vor, und wir beide (alle?) warten sehnsüchtig auf den Frühling. Damit die Zeit nicht so lang wird, hat Sabine mir ein paar Fragen über ihren Roman, das Schreiben an sich und ihr Verhältnis zu Literaturblogs beantwortet:

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Du hast deinen Roman Ein Anderer beim diesjährigen Blogbuster-Preis eingereicht und der Roman steht nun auf der Longlist. Seit wann gibt es Ein Anderer?

Ich glaube, die aktuelle Textfassung war im Frühjahr 2016 fertig. Unter dem Titel „Ein Anderer“ erschien der Roman dann Ende September 2017.

Wie lange hast du an dem Roman gearbeitet?

Wenn ich die Zeit mitrechne, in der ich recherchiert habe, dauerte es drei Jahre, bis die erste Fassung stand. Dann habe ich den Text mehrfach überarbeitet, das dauerte noch mal ein knappes Jahr. Kurz vor der Veröffentlichung musste ich alles ein weiteres Mal ganz gründlich durchsehen. Alles in allem würde ich sagen: gut vier Jahre Arbeit stecken drin.

Der Roman deckt eine große Zeitspanne ab, in der sich gesellschaftlich und politisch viel getan hat. Musstest du dafür noch viel recherchieren?

Ja, eine ganze Menge. Zum Beispiel den Alltag in Thüringen während des 1. Weltkriegs. Ich habe dafür einige Zeit im Staatsarchiv auf der Heidecksburg in Rudolstadt zugebracht und die Lokal-Zeitungen aus den Jahren 1917 und 1918 durchforstet. Außerdem die Geschichte der Therapie von Schilddrüsen-Erkrankungen, die Entwicklung der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik, besonders intensiv natürlich das „Euthanasie“-Programm und die Rolle der Medizin im Nationalsozialismus, auch die Kollektivierung der Landwirtschaft in den Anfängen der DDR. Und, mit besonderem Vergnügen, das Innenleben eines Glockenturms und die Funktionsweise einer Orgel.

Der Protagonist des Romans, Ernst Kroll, ist ein Junge mit einer Schilddrüsenerkrankung, die großen Einfluss auf seine Entwicklung und sein Leben hat. Wie kam es zu dieser Thematik?

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Blogbuster – Mein Kandidat für die Longlist

In diesem Jahr mache ich beim Blogbuster-Preis mit. Das ist bisher ein bisschen untergegangen, zumindest hier auf dem Blog, denn bisher hatte ich noch nicht sehr viel darüber zu erzählen. Bis Ende 2017 durften AutorInnen bei diesem Preis ihre unveröffentlichten Romane einreichen, seitdem lesen ich und die anderen BloggerInnen uns durch mehr oder weniger vielversprechende Manuskripte und müssen bis Ende des Monats die Entscheidung getroffen haben, mit welchem Roman wir ins Rennen gehen wollen. Ab da übernimmt dann eine Fachjury, in der unter anderem Denis Scheck, Literaturagentin Elisabeth Ruge und Lektorin Sara Schindler vertreten sind. Zu Gewinnen gibt es Ruhm und Ehre in Form einer Veröffentlichung beim (von mir sehr geschätzten) Verlag Kein & Aber.

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182 Manuskripte wurden insgesamt für den Wettbewerb eingereicht, immerhin 70 weniger als im vergangen Durchlauf. Ob unter dem Rückgang in der Quantität auch die Qualität leidet, ist sicher eine andere Frage, aber einige der BloggerInnen hatten schon ein wenig zu kämpfen bei ihrer Suche nach einem passenden Text. Sophie von Literatourismus musste Mitte Februar sogar ganz die Segel streichen, nachdem sie nichts finden konnte, was sie begeistert hätte. Frank Rudkoffsky hingegen ist sehr begeistert von Die Federn meiner Mutter, dem Roman, mit dem er weitermachen will.

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Leipzig by the book

Viele von euch kennen Leipzig ja zumindest von Messe-Besuchen, ich kannte es noch nicht. Nun war es am letzten Wochenende das Ziel eines Kurztrips, den ich zusammen mit einer Freundin unternommen habe. Natürlich mit einer, die liest und erst bei der vierten Buchhandlung fragt, ob ich da sicher auch noch rein will.

Weil wir aus völlig verschiedenen Richtungen angereist sind, haben wir uns am Hauptbahnhof getroffen, wobei ich ein bisschen warten musste. Die Zeit habe ich ganz vortrefflich in der Buchhandlung Ludwig vertrödelt, die für eine Bahnhofsbuchhandlung wirklich außergewöhnlich schick und gut sortiert ist. Ein paar Stufen hinauf gibt es auch ein Café, das ich leider aus Platzmangel nicht ausprobieren konnte. Wahrscheinlich ist das aber ein gutes Zeichen.

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Allgemeines zum Deutschen Buchpreis anlässlich der Shortlist

Heute ist die Shortlist des Deutschen Buchpreises veröffentlicht worden. Ich will zu dieser Liste selbst gar nicht viel zu sagen, blogtechnisch ist der Preis nämlich großflächig abgedeckt und gelesen hab ich auch nichts davon. Eine Vorstellung der sechs „offiziellen“ Blogs, die über den Preis berichten, findet sich u.a. bei lustauflesen. Weitere  BloggerInnen haben sich für den Buchpreisblog zusammengetan und berichten dort über die Nominierten.

Außerdem finde ich, muss ich ja zugeben, den Deutschen Buchpreis nicht besonders aufregend. Das liegt zum einen sicher daran, dass ich eher an der englischsprachigen Literatur hänge. Man kann der deutschsprachigen Literatur nun wirklich keine mangelnde Qualität vorwerfen, mir aber vermutlich ein mangelndes Interesse. Von der Longlist sprechen mich in der Regel nur extrem wenige Titel an, sehr selten lese ich dann auch mal was davon. Letztes Jahr hat ja der manisch-depressive Teenager mein Herz erobert und es hat mich wirklich sehr gewundert, dass das auch der (völlig verdiente) Siegertitel war. Übrigens möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass es dieses grandiose Werk jetzt im Taschenbuch gibt.

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Deutsche Cover in fremden Landen

Am Sonntag ist ein Artikel erschienen bei Kulturgeschwätz, in dem es unter dem Titel „Das kleine bisschen Exotismus“ um die Cover von Büchern ging, die in anderen Kulturkreisen als den europäischen spielen und die entsetzlich klischeebeladen sind, innerlich wie äußerlich. Wir alle kennen das, Schirmakazie im Sonnenuntergang und so. Auch bei scroll.in ist eine ähnliche Auflistung zu finden. Und es sind grauenhafte Dinge dabei, wirklich. Kein Mensch braucht solche Cover.

Mir stellte sich beim Lesen allerdings auch die Frage, wie es eigentlich mit deutschen Büchern aussieht bzw. wie deren Cover im Ausland gestaltet werden. Also habe ich mir mal Cover angeguckt von Büchern, die deutschsprachig sind und in Übersetzung erscheinen bzw. von Büchern, die in Deutschland spielen und von nicht deutschsprachigen AutorInnen verfasst wurden.

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Was ich noch zu Pirinçci sagen wollte

Viel Aufregung war in den letzten Tagen um Akif Pirinçci und seine Bücher, ausgelöst durch seine Rede am Montag. Sein neues Buch, Die große Verschwulung hätte vorgestern bei manuscriptum erscheinen sollen, seit heute ist es tatsächlich auch lieferbar. Zumindest beim Verlag, praktisch jeder andere Vertrieb hat sich ausgeklinkt. Bei amazon, thalia, libri und Co sucht man vergebens nach dem Titel. Auf die Bestsellerlisten wird es das Buch also wohl nicht schaffen, nachdem Deutschland von Sinnen sich im letzten Jahr wochenlang dort gehalten hat.

Seit die Random House-Gruppe am 20.10. angekündigt hat, alle seine Titel mit sofortiger Wirkung aus der Auslieferung zu nehmen, verschwinden auch Felidae und die anderen Bücher Pirinçcis aus immer mehr Katalogen.

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