Naturschutz im Kleinen: „Wildbienenhelfer“ von Anja Eder

„Jeder kann zum Wildbienen-Helfer werden und damit zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen“, so lautet das Versprechen auf dem Cover dieses Buches, das Bestimmungshilfe, Gartenratgeber und Bildband in einem ist. Die Grafik-Designerin Anja Eder hat aus ihrer Liebe zu den Hautflüglern ein ehrgeiziges Projekt gemacht. Mit Beobachtungen im eigenen Garten fing die Leidenschaft für Wildbienen an. Im Vorwort erzählt die Autorin, wie sie selbst zuerst zu Hause feststellte, dass mit den Insekten etwas nicht stimmte. Besonders schockierte sie, wie Bienen auf eine neu gesetzte Pflanze reagierten, die aus dem Großmarkt kam und offenbar mit aggressiven Schutzmitteln behandelt worden war. Sie beschloss, etwas zu ändern, und auch andere zu ermutigen, es ihr gleichzutun.

Die Ursachen für das allgemein bekannte Insektensterben liegen oft in der Landwirtschaft. Durch Pestizideinsatz, Monokulturen und fehlende Randstrukturen wie Blühstreifen fehlt es Insekten an Nahrungs- und Lebensräumen. Doch auch in privaten Gärten, die ja zusammengenommen eine gewaltige Fläche ausmachen, steckt oft viel ungenutztes Potenzial. Nicht nur die vielgeschmähten Schottergärten sind Nahrungswüsten für Insekten, sondern auch Gärten mit ungeeigneten Pflanzen und ohne Nistmöglichkeiten geben den Tieren keine Chance. Exotische Pflanzen oder Züchtungen mit gefüllten Blüten können von den Insekten nicht genutzt werden.

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Brutalos am Futterhaus – Andreas Tjernshaugens „Das verborgene Leben der Meisen“

Ich weiß überhaupt nicht, wie oft ich in den letzen Monaten über Sinn und Unsinn des Vogelfütterns diskutiert habe. Quintessenz ist meistens: nützt nichts, schadet aber auch nichts. Grund genug, eine Batterie Vogelfutter auf dem Balkon aufzufahren. Die ersten beiden Winter war die Futterstelle klar in Amsel-Hand. Strenggenommen war sie zumindest einen Winter lang in der Hand eines Amsel-Männchens, das den ganzen Tag seinen Futtervorrat verteidigte aber wenig fraß. Er wird, wie auch beinahe alle seine Bremer Artgenossen, der letztjährigen Usutu-Virus-Epidemie zum Opfer gefallen sein. Von jetzt auf gleich war mein Balkon amselfrei. Glück für die Meisen, die langsam und dann ziemlich aggressiv in diese Lücke drängten. Mittlerweile gehört der Balkon nebst allem darauf etwa zehn Kohl- und Blaumeisen, die in wenig friedvoller Ko-Existenz kiloweise Mehlwürmer fressen. Ich bin nicht sicher, ob sie nicht auch die Zebraspringspinnen-Kolonie auf dem Gewissen haben, die sich über Jahre erfolgreich auf dem Balkon breitgemacht hatte. Auf jeden Fall ist sie weg. Ich würde es ihnen nicht verdenken.

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Auch der Autor Andreas Tjernshaugen hat in seinem Garten nahe Oslo über lange Zeit Meisen und ihr Verhalten beobachtet. Das allerdings weitaus systematischer als ich. Die kleinen Vögel faszinierten ihn so sehr, dass er beschloss, mehr über sie zu lernen. Er besuchte Forscher in England und Norwegen, installierte ein Vogelhaus mit einer Kamera darin und stellte sich den Wecker auf halb fünf morgens, um das Balzverhalten seiner Gartenbewohner beobachten zu können.

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Sinnsuche zwischen Nadelbäumen: „Die Kieferninseln“ von Marion Poschmann

Gilbert Silvester, aktuell Bartforscher in befristeter Anstellung, träumt eines Nachts, dass sein Frau ihn betrogen habe. Ohne weitere Klärung verlässt er am nächsten Morgen tief erschüttert die gemeinsame Wohnung und fährt zum Flughafen, wo er in das nächste Flugzeug steigt, das zu einem weit entfernten Ziel fliegt. So kommt er nach Tokyo. Freiwillig hätte er das nie gemacht, da er Tee-Kulturen meidet, weil sie, seiner Einschätzung nach, alles verkomplizieren und unter einem Schleier der Mystik verbergen. Dass er es nun doch tun muss lastet er klar seiner Frau an, die derweil zu Hause sitzt und sich fragt, wo ihr Mann abgeblieben ist.

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In Tokyo bleibt Gilbert nicht lang allein. Während er fasziniert das perfekt organisierte Treiben an einem Bahnhof beobachtet, trifft er auf Yosa Tamagotchi, den er mit völlig unbeherztem Eingreifen von einem Selbstmord eher ablenkt als abhält. Der Bahnsteig sei sowieso ein nur drittklassiger Ort für einen Selbstmord, erklärt Yosa und schließt sich Gilbert an, der den Plan entwickelt, auf den Spuren des Haiku-Dichters Bashō nach Matsushima, zu den Kieferninseln zu reisen. Überhaupt die Kiefern und die Wälder – sie spielen eine wichtige Rolle auf den japanischen Inseln und auch in diesem Roman. Gilbert erscheint es geradezu sinnlos, die Wuchsform der Bäume und die Form einzelner Äste zu bestaunen. Anders die Autorin. Sie begeistert sich für die Landschaften, durch die die beiden Männer reisen und beschreibt sie bis ins Detail.

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Henning Ahres: Lauf Jäger lauf

Zorrow reist mit dem Zug nach Nillberg, als er beim Blick aus dem Fenster einen Fuchs sieht. Einem Impuls folgend, stoppt er den Zug per Notbremse und rennt, sein Gepäck zurücklassend, dem Tier hinterher. Schnell verliert er sich in der eintönigen Landschaft und sein Plan, die Reise nur kurz zu unterbrechen, wird von einer Gruppe Widergänger vereitelt, die ihn gefangen nehmen und in das von ihnen bewohnte Gutshaus schleppen. Die Widergänger, von Zorrow einmal auch Wiedergänger genannt, verstecken sich hier vor ihrem Erzfeind Erk, der Flügel hat und mit Feuer schießen kann. Sie sind sich sicher, dass dieses Wesen sie töten will und vermuten in Zorrow einen Spitzel.

„Ein Trottel. Den Zug zu stoppen, um einem Fuchs hinterherzulaufen. Was führt er im Schilde?“

Gerettet wird er durch die Intervention des Malers, der Anführer der Gruppe ist. Er ist auch der einzige, der den mysteriösen Nebel in der Nähe des Hauses betreten kann und darf. Dafür, dass der Maler auf seiner Seite steht, muss Zorrow ihm in geborgten Frauenkleidern sexuell zu Diensten sein, was ihm sehr unangenehm ist, vor allem da häufig ein Revolver Anwendung findet und er schließlich einen Schneidezahn verliert. Die Existenz von Nillberg bestreiten die Widergänger vehement und das Ticket, das mal ein Beweis für Zorrows Vorhaben war, ist verbrannt. Vermutlich wäre es aber ohnehin nicht von Nutzen, denn Schriftstücke haben in diesem Roman die unangenehme Angewohnheit, sich unerklärlich zu verändern. Und nicht nur Schriftstücke können das. Sein Ziel, aus seinem bisherigen Leben auszubrechen, hat Zorrow aber jedenfalls umsetzen können.

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