Grantiges Genie – „Ein Mann der Kunst“ von Kristof Magnusson

Mit politischer Kunst ist KD Pratz in den 1980ern groß, reich und berühmt geworden. So berühmt, dass er es sich jetzt erlauben kann, hinter den dicken Mauern einer alten Burganalage zu leben und mit niemandem mehr zu sprechen. Sein künstlerisches Schaffen in den letzten Jahren ist reine Legende, gesehen hat davon bisher niemand etwas. Das aber schreckt den Förderverein des Frankfurter Wendhals Museums nicht ab. Die Kunstbegeisterten planen einen Neubau, der nur den Werken des großen Künstlers KD Pratz gewidmet sein soll. Pratz soll für Frankfurt das werden, was Beuys für Kassel ist.

Dafür aber muss man Pratz erstmal gewinnen. Zum Erstaunen aller scheint sogar zu gelingen – beim eigenen Neubau werden wohl selbst die größten Einsiedler schwach – und KD Pratz lädt den Förderverein auf seine Burg ein. Sogar sein Atelier will er zeigen, stellt Museumsdirektor Neuhuber in Aussicht. Also geht die Jahresreise des Fördervereines ausnahmsweise mal nicht in eine der internationalen Kunstmetropolen, sondern in einen etwas trostlosen Landgasthof in der Nähe von Rüdesheim. Von dort aus soll ein wenig Altarkunst und moderne Architektur besichtigt werden, vor allem aber die neuen Werke, die bald schon im Wendhals Museum hängen könnten. Besonders Ingeborg ist begeistert von der Aussicht. Seit Jahrzehnten schon ist sie eine glühende Verehrerin von KD Pratz und reist zu jeder Ausstellung, die auch nur einen Schnipsel seines Werks zeigt. Begleitet wird sie bei der Reise von Sohn Constantin, der auch der Ich-Erzähler des Romans ist. Allein aufgrund seines Alters sticht er aus der Gruppe heraus und kommentiert das weitere Geschehen aus einer etwas abseitigen Position. Er schätzt das Engagement des Fördervereins, daran lässt er keinen Zweifel, er sieht aber auch, dass der ganze Haufen doch etwas schrullig ist.

Weiterlesen

Ein literarisches Ausnahmetalent – „Vondenloh“ von Frank Witzel

Der Ich-Erzähler in Vondenloh lebt in der süddeutschen Kleinstadt Leinheim, wo er gemeinsam mit Helga Dahmel aufwuchs, die nun als Bettine Vondenloh literarische Erfolge feiert. Der Erzähler ist stolz darauf, dass er es war, dem Helga einst im Jugendzimmer schüchtern ihre ersten literarischen Versuche zeigte und nach seiner Meinung fragte. Nun ist ist sie eine feste Größe, nicht nur die Klatschzeitschriften reißen sich um sie, auch ganze Kongresse befassen sich nur mit ihrem Leben und Werk. In Jugendjahren glaubte der Erzähler, er sei eigentlich begabter als Helga. Doch unverständlicherweise gelang es nur ihr, eine Erzählung in der Gratis-Zeitschrift „Bäckerblume“ unterzubringen, während seine Einsendungen an die Redaktion unbeantwortet blieben.

Jahrzehnte später ist der Erzähler noch immer besessen von ihr. Als Bettine noch unter ihrem Geburtsnamen die Heimatstadt verließ, war noch kein einziger Roman geschrieben und doch glaubt er, niemand kenne und verstehe Vondenlohs Werk so gut wie er. Schließlich war er es, der sie mit den Romanen des österreichischen Schriftstellers Stieger vertraut machte, deren Spuren sich nun ganz eindeutig in ihrem Oeuvre finden lassen. Selbst ein Libretto hat er zu ihren Ehren geschrieben, zu dem bisher aber leider kein Komponist die Musik liefern wollte. Nun also hofft der Erzähler, in einer Talkshow Gelegenheit zu erhalten über die Schriftstellerin zu sprechen und schreibt in Vorbereitung einer entsprechenden Einladung schonmal alles auf. Bei seiner Suche nach Bettine, auf deren Heimkehr nach Leinheim er nun schon so lange vergeblich hofft, entdeckt er einige Wahrheiten über die Schriftstellerin, die ihre ganze Person in Frage zu stellen scheinen.

Weiterlesen