„Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.“ So einfach kann Schöpfung sein – wenn man die richtige Sprache spricht. Davon waren die Menschen lange überzeugt. Wenn man Gottes Sprache finden und sprechen könnte, dann könnte man damit alles erschaffen, was man braucht. Licht, Gold, Macht, alles aus Worten geschöpft. Die aufgeregte Suche nach eben dieser Sprache legt Katharina Kramer ihrem Roman zu Grunde, den sie Ende des 16. Jahrhunderts spielen lässt.
Jacob Greve, in Ungnade gefallener Lateinlehrer auf Wanderschaft, trifft darin auf den Gauner Edward Kelley, der in ihm die Chance sieht, an richtig viel Geld zu kommen. Denn Jacob ist nicht nur Sprachlehrer, er ist ein wahres Sprachgenie. Sprache ist alles in seinem Leben, er kann sie in bunten Formen sehen, er kann jeden Dialekt erlernen und fast jeden sprachlichen Code dechiffrieren. Sein Sprachgefühl ist so fein, dass ihm schon der kleinste Fehler seiner Schüler fast körperliche Pein beschert. Wenn einer Gottes eigene Sprache rekonstruieren kann, dann Jacob Greve, da ist Edward sich sicher. Doch er ist nicht der einzige, der auf der Jagd nach dieser Sprache ist. Im Béarn, heute an der Spanisch-Französischen Grenze gelegen, arbeitet die junge Margarète Labé ebenfalls an der Entschlüsselung von Sprachen. Sie arbeitet für die Katholische Liga, die verbissen gegen die Calvinisten kämpft. Ob die Pfeifsprache, die von den Hirten im Béarn benutzt wird, ein erster Hinweis auf Gottes eigene Worte sein kann?
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