Auf Rückholmission in Paris – „Foreign Bodies“ von Cynthia Ozick

Bea Nightingale, Tochter europäischer Einwanderer mit dem Namen Nachtigal, lebt in den 50er-Jahren in bescheidenen Verhältnissen in New York. Sie ist Ende vierzig, hat jung geheiratet und wurde jung geschieden. Nun arbeitet sie als Lehrerin und wohnt noch immer in dem kleinen Appartement, das sie einst mit ihrem Mann bezog. Ihre wenig erfolgreichen Versuche, an einer Jungenschule die Liebe zu Literatur zu lehren, kann ihr Bruder Marvin nicht ernst nehmen. Deshalb ist es für ihn völlig klar, dass Bea Zeit hat, nach Frankreich zu reisen, um seinen Sohn Julian ausfindig zu machen und zur Heimkehr zu bewegen. Julian vertrödelt, zumindest nach den Ansichten seines Vaters, Zeit und Geld in Paris, wo er vom Leben als Schriftsteller träumt und in Cafés kellnert. Die Geschichte erinnert nicht zufällig an Die Gesandten von Henry James – Ozick gibt James als ihr großes literarisches Vorbild an, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergibt.

Das Cover von Cynthia Ozicks Foreign Bodies. Zu sehen ist eine Frau in einem eleganten Kleid, die aus dem Fenster auf eine Straße schaut.

Als Bea Nightingale in Paris ankommt, muss sie erkennen, dass ihre Mission ziemlich aussichtslos ist. Julian ist zwar so plan- wie mittellos, aber auch jung verheiratet und hat nicht das geringste Interesse, in den väterlichen Haushalt zurückzukehren. Seine große Liebe ist die deutlich ältere Lili, die aus Bulgarien geflohen und wie so viele in Paris gestrandet ist. Zu allem Überfluss gerät auch Marvins Tochter Iris in die romantischen Klauen von Paris. Für ihren Vater ist sie das Musterkind, eine erfolgreiche Studentin und sicher bald bekannte Wissenschaftlerin. Doch beim Versuch, ihren Bruder zurück zu holen, kann auch sie sich dem Zauber der Freiheit nicht entziehen. Bea fühlt sich für all das verantwortlich. Ihr Bruder erwartet regelmäßige Berichte, doch immer öfter sieht Bea sich genötigt, ihm Dinge zu verschweigen oder ihn sogar anzulügen. Bald wagt sie es gar nicht mehr, in anzurufen, da sie einen Wutausbruch fürchtet. Nur in knappen Briefen unterrichtet sie ihn noch über die für ihn wenig erfreulichen Geschehnisse im fernen Europa.

Weiterlesen