Women’s Prize for Fiction – Longlist 2021

Gestern Abend wurde die Longlist des diesjährigen Women’s Prize for Fiction veröffentlicht. Auch, wenn die Titel kein Teil meines Leseprojekts mehr sein werden, will ich sie euch trotzdem nicht vorenthalten. Auf der Liste stehen viele Unbekannte, darunter auch einige Debütantinnen, aber auch Dauerbrennerin Ali Smith hat es mit dem letzten Teil ihrer Jahreszeiten-Reihe geschafft, neben einigen anderen bekannten Namen. Die Übersetzungslage ist wie immer bei Erscheinen der Longlist ausgesprochen dünn – nach Bekanntgabe der Shortlist und Siegerinnenehrung ergänze ich hier nochmal.

Brit Bennett: The Vanishing Half. In Mallard, Louisiana ist man stolz darauf, dass die Bevölkerung immer hellhäutiger wird. Die Zwillinge Stella und Desiree sind sich einig, dass sie hier keine Zukunft haben und ziehen nach New Orleans. Unverhofft findet Stella dort einen Weg, künftig als Weiße zu leben.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Die verschwindende Hälfte bei Rowohlt erschienen.

Clare Chambers: Small Pleasures. Jean, Journalistin bei einer Londoner Tageszeitung, führt ein unspektakuläres Leben. Doch als sie von Gretchen Tilbury kontaktiert wird, wittert sie die Story ihres Lebens: Tilbury schwört Stein und Bein, dass sie Jungfrau ist und trotzdem schwanger. Zum Zeitpunkt der Empfängnis sei sie in medizinischer Behandlung und der Obhut von Nonnen gewesen, jeglicher sexueller Kontakt ausgeschlossen. Jean macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Susanne Clarke: Piranesi. Piranesis Haus ist ein einziges Labyrinth aus Fluren, Gängen und Zimmern. Sein Leben hat er seiner Erforschung gewidmet. Seine Ruhe wird dabei jäh gestört: jemand neues ist im Haus, hinterlässt Spuren und Nachrichten. Piranesi muss dem Eindringling auf die Schliche kommen.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Piranesi im Oktober 2020 bei Blessing erschienen.

Amanda Craig: The Golden Rule. Einst hatte Hannah große Ambitionen. Studium, Karriere, erfolgreicher Ehemann. Jahre später ist sie alleinerziehende Mutter und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Die frustrierende Situation und der Hass auf ihren Ex-Mann zehren an ihr. Als sie im Zug eine völlig Fremde trifft, geht sie mit ihr einen verhängnisvollen Pakt ein.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Naoise Dolan: Exciting Times. Die 22-jährige Ava verlässt ihre Heimat England um in Honkong den Kindern reicher Eltern Englisch beizubringen. Mehr aus Langeweile und Bequemlichkeit denn aus romantischen Gründen lässt sie sich auf eine Affäre mit Julian ein, einem anderen Expat. Bis sie sich verwirrenderweise in Edith verliebt.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Aufregende Zeiten bei Rowohlt erschienen.

Avni Doshi: Burnt Sugar. Dohis Debütroman ist eine Abrechnung der Protagonistin Antara mit ihrer Mutter, die sich einer Sekte anschloss und über ihre Liebe zum Guru ihre Tochter vernachlässigte. Nur kurz nach Antaras Hochzeit wird die Mutter dement und zwingt die Tochter damit, sich wieder mehr mit ihr auseinanderzusetzen.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel bitterer zucker für Oktober 2021 bei btb angekündigt.

Dawn French: Because of You. In der Silvesternacht, in der das neue Jahrtausend beginnt, bringen in einem Krankenhaus zwei Frauen fast zeitgleich ihre Töchter zur Welt. Eine von beiden wird das Krankenhaus ohne ihr Kind verlassen müssen. 17 Jahre später wird die Mutterliebe auf eine harte Probe gestellt.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Claire Fuller: Unsettled Ground. Die Zwillinge Jeanie und Julius leben im Alter von 51 noch immer mit ihrer Mutter zusammen in dem abgelegenen Haus, in dem sie aufgewachsen sind. Sie leben fast völlig isoliert und soweit es geht als Selbstversorger. Als ihre Mutter stirbt, müssen sie erfahren, dass manches anders ist, als sei immer geglaubt haben.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Yaa Gyasi: Transcendent Kingdom. Als Kind ist Gifty fasziniert von der Geschichte ihrer Familie, die sie von Ghana nach Alabama brachte. Als Erwachsene ist sie fasziniert von der Geschichte, wie ihr Bruder die amerikanische Realität nicht ertragen konnte und an Drogenmissbrauch gestorben ist. Ihre Familiengeschichte wird zur Auseinandersetzung mit der amerikanischen Gesellschaft.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Ein erhabenes Königreich für August 2021 bei DuMont angekündigt.

Cherie Jones: How the One-Armed Sister Sweeps Her House. Lala wächst in Barbados auf, direkt am Strand Baxter’s Beach und umgeben von den Geschichten ihrer Großmutter. Was auf den ersten Blick ein Paradies zu sein scheint, wird für Lala zur bedrückenden Enge, als ihr Ehemann eine Straftat begeht.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Raven Leilani: Luster. Edie, Mitte zwanzig, ist noch damit befasst, sich in ihrem Leben zurechtzufinden, als sie Eric kennenlernt, der in einer offenen Ehe „mit Regeln“ lebt. Bevor sie sich versieht, lebt sie bei seiner Familie und wird zur Freundin seiner Frau.
Eine deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Hitze für September 2021 bei Atlantik angekündigt.

Patricia Lockwood: No One is Talking About This. In ihrem ersten Roman erzählt Lockwood die Geschichte einer Frau, die besessen davon ist, ihr Leben auf twitter zu teilen. Nach einem Schicksalsschlag sieht sie sich nicht mehr in der Lage über Belangloses zu schreiben. Aber kann und will man ernsthaft über sich selbst schreiben?
Eine deutsche Übersetzung unter dem Titel Und keiner spricht darüber ist für März 2022 bei btb angekündigt.

Annabel Lyon: Consent. Lyons Roman konzentriert sich auf sehr ungleiche Geschwisterpaare, die außer ihrer Herkunft nicht viel gemeinsam haben. Und doch fühlen sie sich ihrer „anderen Hälfte“ in der Not so verbunden wie verpflichtet.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Kathleen MacMahon: Nothing But Blue Sky. Die Ehe der Roses war immer glücklich. Zumindest dachte das Peter. Als seine Frau Mary plötzlich stirbt, muss er entdecken, dass seine Ehe lange nicht so stabil war, wie er immer glauben wollte.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Torrey Peters: Detransition, Baby. Reese lebt ein glückliches Leben in New York – ein Leben, das noch vor einigen Jahren für trans Frauen unmöglich erschien. Doch mit dem Ende einer Beziehung verliert sie den Boden unter den Füßen und ihr Wunsch, Mutter zu werden, scheint für immer unerreichbar zu werden. Doch dann macht ihr Ex-Freund einen außergewöhnlichen Vorschlag.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Ali Smith: Summer. Mit Summer beendet Smith ihre Jahreszeiten-Reihe, die 2016 mit Autumn begonnen hat. Wie die gesamte Reihe konzentriert sich auch dieser Roman auf die politische Situation Großbritanniens, aber auch auf die entfremdeten Geschwister Sacha und Robert, die sich an einen gemeinsamen Sommer erinnern, in dem alles noch ganz anders war.
Eine deutsche Übersetzung unter dem Titel Sommer ist für Juli 2021 bei Luchterhand angekündigt.

As diesen 16 Titeln trifft die Jury, bestehend aus Bernardine Evaristo, Elizabeth Day, Vick Hope, Nesrine Malik und Sarah-Jane Mee nun eine Auswahl der 6 Romane, die es auf die Shortlist schaffen. Diese wird Ende April bekanntgegeben. Wer den Preis mit nach Hause nehmen darf, steht am 07. Juli fest.

Mehr über die Arbeit der Jury, Hintergrundinfos zu den nominierten Romanen und Hinweise zu noch mehr lesenswerten Autorinnen gibt es auf den Seiten des Women’s Prize for Fiction.


Dieser Beitrag wurde am 28.04. um einige Übersetzungen ergänzt, die bei Bekanntgabe der Longlist noch nicht angekündigt waren.

12 Gedanken zu “Women’s Prize for Fiction – Longlist 2021”

  1. Hab auf der Website nichts gefunden… Hast du eine Ahnung wie genau (bzw. etwa) die Vorauswahl stattfindet. Ich hatte den Eindruck, dass nicht immer alle Texte auf einem Veröffentlichungsjahr sind… Und muss das Buch zB auf englisch vorliegen?

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    1. Die Website ist eine einzige Katastrophe, da ist überhaupt nichts zu finden.
      Die eingereichten Texte müssen Romane sein. Genre-Literatur ist möglich, unter den ausgezeichneten Texten aber eher selten. Der Roman muss auf Englisch geschrieben worden sein, Übersetzungen aus einer anderen Sprache können nicht eingereicht werden. Außerdem muss der Roman bei einem Verlag erschienen sein, der in Großbritannien angesiedelt ist. Es können alle Romane eingereicht werden, die seit der letztjährigen Deadline erschienen sind. Bei international aufgestellten Verlagshäusern führt das dann mitunter dazu, dass ein Roman z. B. 2018 schon in Kanada erscheint, aber erst 2020 beim UK-Zweig des Verlags. Erst mit der UK-Veröffentlichung kann er eingereicht werden. Deshalb kann es sein, dass die eingereichten Romane unterschiedliche Erscheinungsdaten haben.
      Was die übrige Vorauswahl angeht, habe ich mal irgendwo gelesen, dass jedes Buch von drei Mitgliedern der Jury begutachtet wird. Eine daraus entstehende Vorauswahl wird dann von allen Mitgliedern gelesen und daraus entstehen dann Long- und Shortlist. Diese Info ist aber ein paar Jahre alt und das Prozedere kann sich geändert haben.

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  2. Wie immer danke für Deine Aufstellung! 🙂 Ich sah die Liste gestern, war aber zu faul, jedes Buch einzeln anzuklicken, um zu lesen, worum es geht und cool, heute hast Du es mir abgenommen. 😉 Wie immer freue ich mich für Ali Smith. The vanishing half mochte ich ganz gerne, ansonsten ist mir Burnt Sugar schon öfter mal begegnet, aber ich meine, dass das auch für den Booker nominiert war, vermutlich liegt es daran. Mal schauen, wie die Shortlist dann aussehen wird.

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    1. Gerne doch 😉 Ich habe mal wieder kein einziges davon gelesen, einige sind aber auf meiner Leseliste gelandet, u. a. „The Vanishing Half“. Und Smith ja sowieso. Andere wie z. B. „Because of You“ reizen mich so gar nicht. Mit meinen Shortlist-Tipps liege ich immer so massiv daneben, dass ich einfach keine mehr abgebe. Aber das kann mir in diesem Jahr ja sowieso völlig egal sein.

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      1. Ja, ich fand’s jetzt thematisch auch sehr unterschiedlich. Also mal gucken. Na ist doch super, kannst einfach lesen, was dich anspricht, ist eh das Beste 😀

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  3. Die Liste ist dieses Jahr völlig uninteressant für mich (mit Ausnahme von „Piranesi“). Fast ausschließlich gehypte Gegenwartsliteratur, keine Genre-Fiction. (Nicht, dass ich mich gar nicht für aktuelle Themen interessiere, aber da lese ich Sachbücher, keine Fiktion.) Nix für mich.

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    1. Stimmt, dieses Jahr fehlen auch historische Romane total. Und es ist seit drei Jahren die erste Liste ohne Antiken-Nacherzählung. Aber findest du den Rest so gehyped? Also Gyasi, Doshi und Smith vielleicht schon, aber beim Rest empfinde ich das eigentlich nicht so.

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      1. The Vanishing Half ist ein absoluter Booktube-Darling, wird extrem gehypt, Luster hab ich auch schon mehrfach gesehen und Detransition, Baby lesen gerade auch ganz viele. Aber gut, es sind auch Titel dabei, die ich nicht kannte, aber eben auch alles Gegenwartsliteratur. Bis auf Piranesi, das auch in aller Munde ist, aber das ist wenigstens was anderes.

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  4. Piranesi steht hier – bin gespannt. Und vielen Dank für die wie immer sehr interessante Zusammenstellung, das ist ganz schön viel Arbeit. Da gibt es noch Einiges für mich zu entdecken.

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