Women’s Prize for Fiction – die Longlist 2019

Am sehr frühen 04. März wurde die diesjährige Longlist des Women’s Prize for Fiction veröffentlicht. Wie immer waren meine Tipps rar und dann auch noch falsch. Einzig bei Madeline Miller und Sally Rooney hatte ich auf’s richtige Pferd gesetzte. Letztere aber auch nicht, weil ich wüsste, was sie so macht, sondern weil dieses Jahr kein Preisweg der englischsprachigen Welt an ihr vorbei führt. Erst am 29.04. wird die Shortlist bekannt gegeben. Bis dahin ist das Rennen zwischen diesen Titeln unentschieden:

Barker, Pat: The Silence of the Girls.
Nachdem nun schon Madeline Miller wieder auf der Liste steht, darf Achilles nicht fehlen. In diesem Roman erzählt Barker die Geschichte von der Belagerung Trojas aus der Sicht von Briseis, die alle Miller-Leserinnen natürlich schon kennen. Für alle anderen: Briseis wurde von Achilles geraubt, lebte als seine Sklavin und wurde zum Pfand in einem Streit von Achilles und Agamemnon. In diesem Roman darf sie auch mal was sagen.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Battle-Felton, Yvonne: Remembered.
Spring sitzt im Krankenhaus am Totenbett ihres Sohnes – der letzte Ort an dem sie sein will, heimgesucht von ihren und fremden Geistern. Ihr Sohn hatte einen schweren Unfall, einige vermuten, dass es sogar ein Attentat war. So oder so bleibt ihr nicht mehr viel Zeit, um ihrem Sohn ihre Geschichte zu erzählen und ihm zu erklären, warum sie wurde, wer sie ist.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Braithwaite, Oyinkan: My Sister, the Serial Killer.
Korede wird eines Abends von einem Anruf ihrer Schwester gestört. Wieder einmal hat sie einen ihrer Freunde um die Ecke gebracht und Korede soll nun helfen, die Sauerei zu beseitigen. Verraten kann sie ihre Schwester nicht, doch dann verliebt sich ein Mann in sie, der Korede sehr nahe steht und sie muss sich entscheiden, wen von beiden sie – ziemlich wortwörtlich – ans Messer liefert.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Broder, Melissa: The Pisces.
Nachdem im letzten Jahr mit The Mermaid and Mrs Hancock ein Roman über eine Meerjungfrau bis auf die Shortlist kam, holen nun die Meermänner zum Gegenschlag aus. In The Pisces verliebt sich eine Frau in einer schwierigen emotionalen Situation in einen Mann, der von der Hüfte abwärts ein Fisch ist.
Auf Deutsch erschienen unter dem Titel Fische bei Ullstein.

Burns, Anna: The Milkman.
Die erste nordirische Man Booker Prize-Trägerin Anna Burns darf auch auf dieser Liste nicht fehlen. In ihrem Roman erzählt sie die Geschichte eines Mädchens, das in einer Stadt aufwächst, in der nichts gefährlicher ist, als interessant zu sein. Durchschnitt zu bleiben ist das oberste Ziel aller. Doch die Protagonistin ist leider zu interessant, um unbemerkt zu bleiben.
Lisa McInerney sagt es war gut, also werde ich es lesen.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Emezi, Akwaeke: Freshwater.
Ada wird unter schlechten Zeichen geboren und alle Gebete ihrer Eltern helfen nicht. Das Mädchen bleibt ungewöhnlich und in ihrem Körper scheinen verschiedene Seelen zu wohnen. Der Kampf wird härter und härter, bis er ihr Leben bestimmt. Freshwater lotet die Grenzen von Identität und ihre Konstruktion aus.
Auf Deutsch erschienen unter dem Titel Süßwasser bei eichborn.

Evans, Diana: Ordinary People.
In diesem Roman erzählt Evans von dem was der Titel verspricht: ganz normalen Leuten. Im Zentrum stehen zwei Paare – eines, das mit einer Geburt nicht klar kommt und eines, das mit einem Todesfall nicht klar kommt. Sie werden zum Sinnbild des täglichen Kampfes um Liebe, Anerkennung und Zusammenhalt.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Greenberg-Jephcott, Kelleigh: Swan Song.
Dieser Roman handelt von niemand geringerem als Truman Capote, dem gefeierten Mitglied der High Society, der mit In Cold Blood zugleich ein beispielloses Medienecho auslöste und seinen eigenen Untergang einläutete.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Jones, Tayari: An American Marriage.
Auch dieser Roman handelt von ganz normalen Leuten, die ein eher bescheidenes aber glückliches Leben miteinander führen. Celestial und Roy, das scheint für die Ewigkeit zu sein. Doch dann landet Roy im Gefängnis und ob die Liebe wirklich ewig ist, ist auf einmal gar nicht mehr klar.
Auf Deutsch erschienen unter dem Titel In guten wie in schlechten Tagen bei arche.

Li, Lillian: Number One Chinese Restaurant.
Die gesamte Familiengeschichte der Familie Han in Maryland dreht sich um das erste chinesische Restaurant am Platze: das Beijing Duck House. Zwischen Frühlingsrollen und acht Kostbarkeiten werden Kämpfe ausgefochten, Träume begraben und weitreichende Entscheidungen gefällt.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Llewyn, Sophie van: Bottled Goods.
Alina lebt in den 1970er Jahren in Rumänien, hat keinen Ärger mit der Regierung und legt eine ganz gute Karriere hin. Das ändert sich schlagartig, als entdeckt wird, dass ihr Bruder verdächtige Beziehungen in den Westen unterhält. Mit einer gehörigen Portion magischem Realismus hat dieser Roman schon etliche Herzen und Preise gewonnen.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Luiselli, Valeria: Lost Children Archive.
Eine Familie ist unterwegs durch die USA, von New York nach Arizona. Apacheria ist ihr Ziel und während sie fahren, hören sie im Radio von tausenden Menschen, fast allesamt Kinder, die ins Land wollen und an der Grenze stranden. Diese Nachrichten bleiben nicht folgenlos für die Familie.
Auf deutsch erscheint der Roman unter dem Titel Archiv der verlorenen Kinder im September bei Kunstmann.

McFadden, Bernice L.: Praise Song for the Butterflies.
Abeo führt ein glückliches Leben als Tochter eines Regierungsbeamten, als ihr Vater plötzlich beschließt, sie zu opfern, um Unheil von der Familie abzuwenden. 15 Jahre lebt sie als Trokosi, als religiöse Sklavin in den Diensten eines Priesters.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Miller, Madeline: Circe.
In der griechischen Mythologie kommt Circe nicht immer gut weg. Miller erzählt nun ihre Geschichte, wie sie die Frau wurde, als die man sie kennt und von den vielen anderen Wesen und Göttern, die daran beteiligt waren.
Auf deutsch erscheint der Roman unter dem Titel Ich bin Circe im August bei Eisele.

Moss, Sarah: Ghost Wall.
Silvie, ein junges Mädchen aus Northumberland, wächst unter sehr erschwerten Bedingungen auf, zumindest einen Sommer lang. Ihr Vater ist Archäologe und besessen von der Eisenzeit. Wer wenn nicht seine Familie ist geeignet, um mit ihm den Traum der experimentellen Archäologie zu leben?
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

Rooney, Sally: Normal People.
Irische Literatur ist offenbar auf der Überholspur angelangt. An Rooney geht in diesem Jahr kein Weg vorbei, auch wenn ihr Roman eigentlich nur von ganz normalen Leuten erzählt, von einer Boy-Meets-Girl-Geschichte, die beinahe an der Unmöglichkeit von Kommunikation scheitert.
Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht angekündigt.

So. Das ist die Liste bisher. Wenn ich es mir wünschen könnte, wären Ende April noch Moss, Burns und Rooney auf der Liste. Erfahrungsgemäß stehen die Chancen für sie damit leider schlecht. Hat denn von euch schon jemand eines der Bücher gelesen? Oder sogar mehrere?

(Update 22.04.; mehrere Übersetzungen ergänzt.)

14 Gedanken zu “Women’s Prize for Fiction – die Longlist 2019”

  1. Bisher gelesen hab ich Miller (großartig!) und Jones (generell sehr gut, aber das Ende war für mich etwas irritierend). Barker liegt hier noch ungelesen und Braithwaite hab ich mir mal bestellt.
    Ich erinnere mich, dass ich in Burns reingeschaut hatte und die ersten Seiten mich echt nicht gekriegt haben. Aber da ist noch einiges auf der Liste was ich mir definitiv mal anschauen will.

    Like

    1. Bei Braitwaite musst du mir mal sagen, wie du es fandest. Das kriegt mich so von der Beschreibung her noch nicht. Barker klingt ganz gut, aber nach Kassandra und The Song of Achilles brauch ich mal Abstand von Troja.

      Like

      1. Sorry für die späte Antwort. Milkman ist ein cleveres Buch, und auf seine Weise toll geschrieben, macht es den Lesern aber nicht ganz einfach. Ich würde das englische Hörbuch empfehlen, die Sprecherin schafft es, die ganzen Satzungetüme richtig zu betonen. Ich kann nicht behaupten, dass ich das Hören genossen habe, aber die „Merits“ des Buches waren für mich erkennbar.

        Gefällt 1 Person

        1. Gar kein Problem! Manchmal dauert es halt ein bisschen 🙂
          Ich danke dir für die ausführliche Antwort! Das Hörbuch klingt interessant. Ich werde mal die Augen offen halten, ob es das mal in das Sortiment der StaBi schafft.

          Gefällt 1 Person

  2. Liebe Marion, danke für die Zusammenstellung! Kleiner Hinweis: Emezi, Akwaeke: Freshwater erschien auf deutsch unter dem Titel „Süßwasser“. Habe gerade angefangen, es zu lesen…

    Gefällt 1 Person

    1. Vielen Dank für die Ergänzung! Das Buch klingt auch ganz spannend. Ich bin gespannt, wie du es findest und wünsche dir schon mal viel Spaß beim Lesen!

      Like

  3. Hallo Marion,

    danke erst mal für den Überblick, den ich gleich verlinken werde. Ich kenne bisher nur Sally Rooney, die meiner Meinung nach vollkommen verdient auf allen Listen steht. Ich habe jede Zeile dieses Romans geliebt.
    Da ich eine absolute Vorliebe für Mythologie-Nacherzählungen habe, stehen Miller und Barker jetzt ganz oben auf der Wishlist, dazu auch noch Braithwaite. Und nach dem Siegertitel des letzten Jahres zu urteilen müssten alle genannten ausgezeichnete Chancen auf die Shortlist haben, aber meine Trefferquote ist um nichts besser als Deine.

    Herzliche Grüße
    Niamh

    Gefällt 1 Person

    1. Hallo Niamh,

      danke dir für die Verlinkung!
      Sally Rooney will ich auch auf jeden Fall lesen. Alles, was ich bisher über diesen Roman gehört habe, ist euphorisch. Aber auch über Braithwaite habe ich inzwischen viel Gutes gehört. Irgendwie kriegt die Story mich nicht so ganz – aber vielleicht täuscht das ja auch.
      Auf jeden Fall bin ich sehr gespannt, wer das Rennen macht.

      Gefällt 1 Person

  4. Hallöchen,

    ich hab jetzt mal mit the Silence of the Girls als Hörbuch begonnen – der Anfang ist vielversprechend. Die anderen hebe ich mir für nach der selbstauferlegten Fastenzeit auf, aber auch ich bin gespannt, wer der Rennen macht. Viel Spaß mit Normal People – freue mich schon auf Deine Meinung.
    Liebe Grüße
    Niamh

    Gefällt 1 Person

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.