Die Frauenleserin-Blogparade und ein paar Worte zum Women’s Prize for Fiction

„Frauenleserin“ Kerstin Herbert ruft in diesem Jahr erstmals zu einer Blogparade auf. Dazu stellt sie einige Fragen, die man beantworten kann, aber nicht muss und die natürlich alle um das Thema „Literatur von Frauen“ kreisen. Ich wollte ja sowieso noch ein paar Worte zum „Women’s Prize for Fiction“-Leseprojekt verlieren und ich glaube, das kann man ganz gut verbinden. Also bitte:

Wie hoch ist Deine „Frauenquote“? Wieviele Bücher hast Du in diesem Jahr gelesen und/oder rezensiert? Wieviele davon wurden von Autorinnen verfasst?

Gelesen habe ich in diesem Jahr 60 Bücher (zugegeben – zwei hab ich noch nicht durch), 42 davon wurden von Frauen verfasst, 18 von Männern, in Quote also 70% zu 30%.  Grundsätzlich rezensiere ich eigentlich alles, was ich lese. Ohne jetzt nachgezählt zu haben, dürfte das Verhältnis da also gleich sein. Lediglich 20 der Bücher entfallen auf das wpf-Leseprojekt – bei meinem Jahresrückblick im vergangenen Jahr hatte ich noch gehofft, es auf 30 zu bringen. Aber auch schon damals hatte ich befürchtet, das nicht zu schaffen. Vor allem Mantels Schinken Wolf Hall, an dem ich wirklich zu knabbern hatte, hat mich da ausgebremst.

Stand der Dinge beim Leseprojekt ist nun, dass insgesamt 138 Bücher auf der Liste stehen, von denen ich bisher 54 gelesen habe. Mit dabei waren Bücher, die mich sehr beeindruckt haben, aber auch wieder andere, deren Preisverdächtigkeit sich mir nicht erschließt, obwohl auch kein totaler Ausreißer dabei war. Überhaupt nicht nachvollziehen konnte ich allerdings den Hype um Aldermans The Power. Besser als ganz okay konnte ich das nicht finden.

Welches Buch einer Autorin ist Dein diesjähriges Lesehighlight? (Warum?)

Das ist eine schwere Frage und ich bin nicht in der Lage, mich hier auf ein Highlight festzulegen. Sehr beeindruckt haben mich die beiden Bücher von Olivia A. Cole, Panther in the Hive und The Rooster’s Garden. Cole ist Selfpublisherin, was man keinem der Bücher anmerkt, und sie war für mich eine totale Zufallsentdeckung, als ich auf der Suche nach einem geeigneten Buch für die Bingereader-Reihe „Women in SciFi“ war. Ihre Version der Zukunft ist wirklich smart und in vielen Teilen weit ab von dem, was man sonst so kennt und erwartet.

 

 

 

 

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Ein weiteres Highlight war natürlich auch Sabine Huttels Roman Ein Anderer, ebenfalls ein Selfpublishing-Titel und meine Nominierung für den diesjährigen Blogbuster. Für den Sieg hat es leider nicht gereicht, immerhin aber für eine Shortlist-Platzierung. Nach wie vor finde ich, dass Ein Anderer ein sehr guter Roman ist, der durchaus einen Verlag verdient. Außerdem hat es mich sehr gefreut, durch den Blogbuster Sabine kennenzulernen, mit der ich immer noch in Kontakt stehe.

Bei den „konventionell“ verlegten Büchern kommt mein Highlight überraschenderweise auch aus dem SciFi-Bereich.  The Long Way to a Small, Angry Planet ist ein klassischer Weltraum-Roman inklusive unverständlicher technischer Mission und tausend unterschiedlichen Aliens-Rassen, es ist aber auch ein wahnsinnig kluger, witziger und lesenswerter Roman. Obwohl ich Weltraum-Romane sonst nur anstrengend finde, hatte ich hier extrem viel Spaß und kann das Buch nur weiterempfehlen.

Welche Autorin hast Du in diesem Jahr für Dich entdeckt und was macht sie für Dich so besonders?

Auch keine leichte Frage. Neben den drei gerade genannten Autorinnen, die ich auch alle in diesem Jahr erst entdeckt habe und von denen ich gerne noch mehr lesen werde, verdient hier noch Laurie Penny eine Erwähnung. Ich habe leider kein Buch von ihr gelesen, das ich hier empfehlen könnte, aber diverse Texte von ihr bei Longreads. Außerdem habe ich sie im März in Bremen live sehen können, was auch sehr cool war. Laurie Penny ist eine wirklich sehr, sehr kluge und witzige Person. Außerdem hat sie sehr schöne Hände und die seltene Fähigkeit, ihr eigenen früheren Texte zu kritisieren. Mit auf der Bühne war Mithu M. Sanyal, die auch klug und witzig ist. Auf ihre Hände habe ich leider nicht geachtet. Aber lest die beiden, die haben echt was zu sagen.

Welche weibliche Lebensgeschichte bzw. Biografie hat Dich in diesem Jahr besonders beeindruckt?

 

 

 

 

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In diesem Jahr habe ich nur eine einzige Biografie gelesen und das war die von Mary Anning, einer Fossiliensammlerin, die im 19. Jahrhundert in Dorset gelebt hat. Die war tatsächlich sehr interessant, vor allem weil Anning mehrere sehr bedeutende Fossilien entdeckt hat und niemals irgendwo erwähnt wurde. Die Rezension folgt ebenso wie ein Text über Anning an sich an anderer Stelle – ich sag dann Bescheid.

Außerdem habe ich Fred & Edie gelesen, was ein Roman ist, der sich aber an der Geschichte von Edith Thompson orientiert. Thompson lebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer sehr unglücklichen Ehe und hatte eine Affäre mit einem jüngeren Mann. Als ihr Liebhaber ihren Ehemann umbrachte, wurden beide inhaftiert. Edie an sich hatte kein besonderes oder ausgefallenes Leben, beeindruckt hat mich die Geschichte aber trotzdem, weil Edies Situation so wahnsinnig ausweglos war. Sie wollte eigentlich nur raus aus einer verkorksten, gewaltsamen Ehe, was ihr aber aufgrund der Gesetzeslage nicht möglich war. Edies Beispiel ist sicher ein extremes, dennoch aber symptomatisch für einen gesellschaftlichen Missstand, unter dem sehr viele Frauen über sehr lange Zeit gelitten haben. Auch deshalb fand ich den Roman beeindruckend.

Welches Buch einer Autorin möchtest du in 2019 unbedingt lesen?

84 Bücher stehen noch auf der Women’s Prize-Liste, also sind eine ganze Menge Autorinnen fest eingeplant. Unter anderem sind Bücher dabei von Jesmyn Ward, Hannah Kent, Hilary Mantel, Cynthia Ozick, Eimear Mc Bride und Marina Lewycka. Von dieser Liste freue ich mich besonders auf Wards Sing, Unburied, Sing, was ich Anfang des Jahres lesen werde. Außerdem hab ich mal wieder Lust auf Ali Smith und werde möglicherweise mit ihren Jahreszeit-Büchern anfangen. Ansonsten freue ich mich auf große Entdeckungen, die sicher kommen werden.

Und außerdem:

Wenn jetzt noch jemand Lust hat, sich mit der eigenen Lektüre auseinanderzusetzen und Kerstins Fragen zu beantworten, guckt doch mal bei ihr vorbei. Ich bin mir sicher, sie freut sich. Die Teilnahme an der Blogparade ist noch bis zum 12.01.2019 möglich.

Ansonsten habt ihr von mir in diesem Jahr nichts mehr zu erwarten. Ich melde mich am Dienstag wieder mit einer Rezension und am nächsten Freitag gibt es wieder ein Essen aus Büchern, dieses mal aus Ein wenig Leben. Kommt gut rüber!

14 Gedanken zu “Die Frauenleserin-Blogparade und ein paar Worte zum Women’s Prize for Fiction”

  1. Wow! Eine Frauenquote von 70% ist wirklich beeindruckend. Ich weiß nicht, ob ich da selbst heranreiche.

    Die Biografie von Mary Anning klingt wirklich spannend. Da bin ich sehr auf deine Rezension gespannt. Den Namen hätte ich noch nie gehört.

    Von Laurie Penny kann ich „Babys machen“ sehr empfehlen. Das habe ich vor 1 oder 2 Jahren gelesen. Es sind wirklich sehr intelligente und humorvolle Kurzgeschichten.

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    1. Ohne das Women’s Prize-Projekt würde ich wahrscheinlich auch viel weniger Frauen lesen. Damit „zwinge“ ich mich sehr erfolgreich dazu.
      Von Mary Anning habe ich auch das erste mal in Kegels „Ausgestorben um zu bleiben“ gelesen. Ich glaube, das ist eine relativ neue Entwicklung, dass man Anning wahr- und ernst nimmt. Es gibt leider nicht sehr viele Quellen über ihr Leben, aber spannend ist es allemal.

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  2. Ohne nachzuschauen, würde ich sagen, dass ich mehr Frauen als Männer gelesen habe, aber wer weiß, es reizt mich jetzt, das noch zu checken. Ali Smith steht bei mir demnächst auch wieder an, bin gespannt, wie Dir die Jahreszeitenbücher gefallen werden. Komm gut rüber ins neue Jahr und viele Grüße!

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  3. Spannend, ich habe gar keine Ahnung wieviele Bücher von Frauen ich dieses Jahr gelesen habe, werde aber heute abend mal zählen. Kann es so gar nicht einschätzen.

    Werde auf jeden Fall auch mal bei der Blogparade vorbeischauen

    Guten Rutsch meine Liebe und ein tolles 2019 🙂

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    1. Die Frauenquote konnte ich auch nur dank goodreads-Buchführung nachvollziehen.

      Guten Rutsch und die besten Wünsche für das neue Jahr natürlich auch für dich!

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  4. An deinen 70% nehme ich mir mal ein Beispiel 😉 Sehr cool.
    Aldermans „The Power“ hat mich auch nicht so begeistert und auch keinen annähernd so großen Nachhall bei mir erzeugt wie da draußen. Schon alleine weil ich die Figurenkonstellation furchtbar vorhersehbar und gewollt empfand. Das Ende allerdings hatte was.

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    1. Das stimmt – die Figurenkonstellation war wirklich etwas erzwungen. Und an das Ende kann ich mich, muss ich zugeben, gar nicht mehr genau erinnern. Dabei ist es erst ein knappes Jahr her.

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