In diesem Jahr mache ich beim Blogbuster-Preis mit. Das ist bisher ein bisschen untergegangen, zumindest hier auf dem Blog, denn bisher hatte ich noch nicht sehr viel darüber zu erzählen. Bis Ende 2017 durften AutorInnen bei diesem Preis ihre unveröffentlichten Romane einreichen, seitdem lesen ich und die anderen BloggerInnen uns durch mehr oder weniger vielversprechende Manuskripte und müssen bis Ende des Monats die Entscheidung getroffen haben, mit welchem Roman wir ins Rennen gehen wollen. Ab da übernimmt dann eine Fachjury, in der unter anderem Denis Scheck, Literaturagentin Elisabeth Ruge und Lektorin Sara Schindler vertreten sind. Zu Gewinnen gibt es Ruhm und Ehre in Form einer Veröffentlichung beim (von mir sehr geschätzten) Verlag Kein & Aber.
182 Manuskripte wurden insgesamt für den Wettbewerb eingereicht, immerhin 70 weniger als im vergangen Durchlauf. Ob unter dem Rückgang in der Quantität auch die Qualität leidet, ist sicher eine andere Frage, aber einige der BloggerInnen hatten schon ein wenig zu kämpfen bei ihrer Suche nach einem passenden Text. Sophie von Literatourismus musste Mitte Februar sogar ganz die Segel streichen, nachdem sie nichts finden konnte, was sie begeistert hätte. Frank Rudkoffsky hingegen ist sehr begeistert von Die Federn meiner Mutter, dem Roman, mit dem er weitermachen will.
Alle BloggerInnen können, das sei zum Prozedere ergänzt, Texte, die für sie nicht in Frage kommen, in einen Pool legen, in dem die anderen dann auf erweiterte Suche gehen können. Ich habe mich für ein Manuskript entschieden, das ich direkt bekommen habe und habe auch nur eine Einsendung in den Pool geworfen. Die übrigen waren nicht unbedingt schlecht, man muss im Kontext des Wettbewerbs aber auch berücksichtigen, dass das Manuskript schon sehr weit entwickelt sein muss, denn bis zur Buchmesse im Oktober soll der Roman auf dem Markt sein. Da ist natürlich noch Zeit für Korrekturen, aber um grundlegende Fehler auszumerzen, ist diese Frist schlicht zu knapp.
Allen, die mir ihre Manuskripte anvertraut haben, möchte ich aber sehr herzlich danken – euer Vertrauen ehrt mich! Auch allen anderen Teilnehmenden gebührt natürlich Dank und Respekt. Einen Roman zu schreiben, ist mit viel Arbeit und Herzblut verbunden und es gehört eben auch nicht wenig Mut dazu, einen Text bei einem Wettbewerb einzureichen.
Genug der Vorrede. Mein Text für die Longlist ist ein Roman der Berliner Autorin Sabine Huttel. Sabine hat den Roman im Eigenverlag unter dem Titel Ein Anderer bei tredition veröffentlicht.Der Roman handelt von Ernst Kroll, einem Jungen, der in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg in einem Dorf in Thüringen aufwächst. Er leidet an einer Erkrankung, die zum damaligen Zeitpunkt kaum bekannt, schon gar nicht erforscht und nur ungenügend behandelbar war. Für den Jungen, der schlecht sprechen kann, vielen als schwer von Begriff erscheint und nur wenige Sozialkontakte außerhalb der Familie aufbauen kann, gerät die Kindheit zum Spießrutenlauf. Vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus bangt die Familie um ihren Sohn, während etliche Dorfbewohner keinen großen Hehl daraus machen, was man ihrer Ansicht mit einer solchen „Belastung“ machen sollte. Die Geschichte folgt Ernsts nicht immer leichtem Weg durchs Leben, ohne dabei rührselig oder mitleidig zu werden. Ernsts Weg ist ein anderer, er ist sicher auch oft ein mühsamer, damit aber nicht schlechter.
Ausschlaggebend für meine Entscheidung war vor allem der Stil, der für einen „nicht professionellen“ Text extrem rund ist. Es gab nur einen einzigen Verbesserungsvorschlag, den ich hatte, und der war faktischer Natur. Sicher kann man immer und an jedem Text noch irgendwas verbessern, hier aber sehe ich ein wirklich sehr großes Potenzial. Auch die Charakterisierungen sind rund und sauber, jede Entwicklung ist nachvollziehbar. Die Erzählweise ist sehr klassisch und ruhig, dabei aber auch atmosphärisch. Sabine Huttel ist keine neue, aufsehenerregende Stimme in der deutschen Literatur, ich hatte aber auch weder beim Lesen noch bei unserem Telefonat den Eindruck, dass das ihr Ziel ist. Sie ist schlicht eine wirklich gute Autorin. Wie die Jury das sieht, müssen wir nun abwarten, ich aber sehe gute Chancen für Sabine und Ernst.
Wie so viele self publisher ist Sabine auch vor ihrer Teilnahme am Wettbewerb an Blogs herangetreten und hat ihren Roman als Leseexemplar angeboten. Das Ergebnis sind zumindest zwei mir bekannte Rezensionen, erschienen bei Literaturreich und Buchstabenfängerin.
Ich bin gespannt auf die übrigen Entscheidungen der BloggerInnen und natürlich auch auf die der Jury. Von Sabine und ihrem Roman wird es hier in der nächsten Zeit auf jeden Fall noch mehr zu lesen geben.
Ich freue mich sehr, dass der Roman von Sabine Huttel auch dich überzeugen konnte. Ich war auch sehr erstaunt über die Qualität des Erzählens und die dichte des Erzählten. Ich drücke euch Beiden die Daumen! Viele Grüße, Petra
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Danke dir!
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Der Roman klingt interessant, werde ich mir mal anschauen!
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Ich habe diesen Roman gerade zu Ende gelesen, er hat mich sehr berührt. Sabine Huttel gelingt es, die Figuren allen voran Ernst ganz nah an den Leser heranzuführen und von einem besonderen Leben eines wiederum einfachen Menschen zu erzählen und zugleich dies in die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts einzubetten. Ganz wundervoll. Ich freue mich deshalb, dass der Roman in die nächste Runde des Blogbusters geht. Viele Grüße
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Liebe Constanze,
dein Urteil freut mich sehr! Ich weiß nicht, wie gut die anderen Einreichungen sind, traue meinen MitstreiterInnen aber durchaus zu, dass sie ebenfalls sehr gute Texte aussuchen.
Ob aber als Siegertitel oder „nur so“ bin ich der Überzeugung, dass dieser Roman in einen „richtigen“ Verlag gehört.
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