Gary Cox: How to Be an Existantialist

Der Existentialismus und ich kennen uns von früher. Als ich 17 oder 18 war fand ich die Idee ungeheuer faszinierend. Zumindest das, was ich davon mitbekam und verstand, ein Bruchstück also. In meinem Religionsbuch war ein Auszug aus Das Sein und das Nichts von Sartre in dem es, grob zusammengefasst, darum ging, dass man so gut wie immer eine Wahl habe, dass auch ein Soldat mit Schießbefehl eine Wahl habe, im Zweifel Fahnenflucht oder Selbstmord. Ich beschloss, Das Sein und das Nichts zu lesen, sah wie viele Seiten es hat und beschloss alternativ drei wahllose Sartre-Texte im Internet zu lesen. Ich verstand sie nicht, las noch halbherzig ein bisschen Camus und das war es dann erstmal.

So ganz losgelassen hat es mich aber über die Jahre nicht und so habe ich als einfachen Einstieg erstmal How to Be an Existentialist or How to Get Real, Get a Grip and Stop Making Excuses gelesen.

„So, the true existentialist knows about existentialism, believes in existentialism and continually strives to live according to existentialism.“

cox_existentialistDer Titel des Buches und seine Aufmachung als Selbsthilfe-Ratgeber ist natürlich ein kleines bisschen albern aber irgendwie auch ganz witzig, allerdings inhaltlich so gut wie gar nicht umgesetzt. Selbstverständlich wird man auch nicht in zehn Schritten zum Existentialisten, dennoch hätte ich es nett gefunden, wäre das Konzept konsequenter umgesetzt worden. Was das Buch eigentlich ist, ist eine sehr knappe aber gut verständliche Einführung in die Existenzphilosophie mit Schwerpunkt auf Sartre und Heidegger.

Der Autor hat vor zwanzig Jahren in Birmingham über Sartre promoviert, lehrt seitdem Philosophie und hat etliche Bücher über Existentialismus im allgemeinen und Sartre im besonderen geschrieben. Einige der Texte in diesem schmalen Buch könnte ich mir extrem gut als Vorlesungsskripte vorstellen und so sind auch einige seiner Witze. Nicht alle davon funktionieren nämlich einwandfrei in Schriftform und seine Ausführungen lassen mitunter die Objektivität vermissen, die ich mir von einem Sachbuch eigentlich wünsche. Im persönlichen Vortrag mag das besser vermittelbar sein.

Nach einer kurzen Einleitung geht Cox vor allem auf die zentralen Begriffe der Unaufrichtigkeit (Bad Faith) und der Authentizität ein. Er umreißt die Konzepte jeweils grob und illustriert mit Beispielen in Form von kurzen Szenen oder Anekdoten, was die Ideen in der praktischen Umsetzung bedeuten oder bedeuten können. Die unterschiedlichen Auffassungen der Philosophen lassen sich auf diesem begrenzten Raum natürlich nur anreißen.

Cox versucht, einen möglichst barrierefreien Einstieg in die Thematik zu schaffen. Das funktioniert ganz gut. Auch die weiteren Literaturhinweise im Anhang sind hilfreich. Und tatsächlich hat er erreicht, dass ich mich weiterhin mit dem Existentialismus befassen will und werde, allerdings sollte man bei ernsthaftem Interesse vielleicht auch besser eine ernsthaftere Einführung lesen. Es steht außer Frage, dass Cox sehr genau weiß, worüber er schreibt, aber bei all der bemühten Niedrigschwelligkeit und den humoristischen Einlagen bleibt dann doch einiges auf der Strecke, was man, auch in einer Einführung, vielleicht hätte thematisieren können. So bleibt er im wesentlichen bei den beiden großen Themenkomplexen die ich oben schon benannt habe und befasst sich nur mit den allerwichtigsten Vertretern des Existentialismus. Da hätte mehr drin sein können.


Gary Cox: How to Be an Existentialist or How to Get Real, Get a Grip and Stop Making Excuses. Bloomsbury 2016. 136 Seiten, ca. € 14,-. Erstauflage Continuum International Publishing 2009.

9 Gedanken zu “Gary Cox: How to Be an Existantialist”

  1. Das Buch liegt auch schon länger auf meiner Wunschliste, aber ist bis jetzt noch nicht bei mir eingezogen. Was sich aber nach deiner Besprechung ändern wird, denke ich. Gerade auch die, um dich zu zitieren „Einführung in die Existenzphilosophie mit Schwerpunkt auf Sartre und Heidegger“ und dass das Buch fast schon wie eine in Papier gefasste Vorlesung wirkt, machen mich neugierig. ^^

    Übrigens sehe ich, du liest gerade „Purple Hibiscus“. Habe ich auch Ende 2016 gelesen und fand es richtig gut!

    Liebe Grüße,
    Katja

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  2. Liebe Marion, cool. Bei mir fiel das auch so ins Alter um die 17/18 – allerdings habe ich mehr Beauvoir gelesen zunächst und dann Camus. Sartre selbst … hmm, da habe ich so meine Schwierigkeiten menschlicher Art ;). Aber ob ich das auf englisch packe … mal gucken. LG – auf jeden Fall vielen Dank für den Hinweis.

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  3. Im englischsprachigen Bereich kursiert gerade das Buch „At the Existentialist Café: Freedom, Being, and Apricot Cocktails“ von Sarah Bakewell. Das hört sich auch nicht allzu ernst an, es soll aber sehr gut verständlich sein. Ich muss gestehen, dass ich wirklich gar keine Ahnung von dem Thema habe, sodass ich mir diese Bücher als Einstieg vornehmen werde 🙂

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    1. Das hatte ich mir auch schon angeguckt. Auf deutsch ist das Buch im Sommer bei C.H. Beck erschienen. Was ich bisher darüber gelesen habe, klang gut. Bakewells Buch über Montaigne habe ich allerdings nie zu Ende gelesen. Vielleicht wegen Montaigne…

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  4. Das Buch lese ich gerade „Das Cafe der Existentialisten“ und finde es richtig gut. Unbedingte Empfehlung. Ich habe auch mit 17,18 mit dem Existentialismus begonnen und bin nie mehr davon weggekommen 😉
    Dieses Buch kannte ich bislang nicht, kommt aber gleich auf die Liste.

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